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Hier finden Sie in unre­gel­mä­ßi­ger Folge manch Informatives, Subjektives und Beiläufiges aus der Wittenberger Verlegerklause von Carcosa, immer wieder mit einem dank­ba­ren Blick nach Berlin ins Stammhaus des Memoranda Verlags, auf­ge­zeich­net von Hannes Riffel.


Samstag, den 16. November 2024

Heute möchte ich mich mit einer — für Carcosa — neuen Autorin beschäf­ti­gen, von der wir die deutsch­spra­chi­gen Lizenzrechte an drei Büchern erwor­ben haben. Für Nicola Griffith begei­stere ich mich seit über zwei Jahrzehnten; ihre ersten beiden Romane, Ammonite (1992; dt. Ammonit) und Slow River (1995; dt. Untiefen) zählen zu den großen femi­ni­sti­schen Werken der Science Fiction in der Nachfolge von Ursula K. Le Guin. Darüber hinaus hat sie Krimis ver­fasst, zwei her­aus­ra­gende histo­ri­sche Romane über das England des 7. Jahrhunderts und sich als Herausgeberin dreier Anthologien mit quee­rer Phantastik her­vor­ge­tan.

Nicola Griffith wurde in Leeds gebo­ren und lebt seit 1989, zusam­men mit ihrer Ehefrau, der Autorin Kelley Eskridge, in den USA. Sie ist an Multipler Sklerose erkrankt und seit 2016 auf einen Rollstuhl ange­wie­sen. Mich beein­druckt sie vor allem des­we­gen, weil sie einer­seits eine bril­lante Schriftstellerin ist, die über eine große sti­li­sti­sche wie inhalt­li­che Bandbreite ver­fügt, und weil sie ande­rer­seits kämp­fe­risch für die Dinge ein­tritt, die ihr wich­tig sind, und das unter Umständen, die alles andere als ein­fach sind.

Und jetzt sind, nach langen Verhandlungen, drei Verträge unter­schrie­ben, die es uns ermög­li­chen, ihre Werke end­lich auch wieder auf Deutsch zugäng­lich zu machen. Beginnen werden wir mit dem Kurzroman Spear, in dem ein Ausschnitt aus den Legenden um König Artus unter völlig neuen Gesichtspunkten erzählt wird. Ich habe den schma­len Band voller Bewunderung und mit einem brei­ten Grinsen im Gesicht gele­sen und war wenig erstaunt, dass er für den Nebula Award, den World Fantasy Award und den Ursula K. Le Guin Prize nomi­niert war; gewon­nen hat er den Ray Bradbury Prize, den die Los Angeles Times all­jähr­lich in der Kategorie phan­ta­sti­sche Literatur ver­gibt.

Als zwei­ten Band werden wir den eben­falls recht kurzen Roman So Lucky brin­gen, das erste nicht-phantastische Buch bei Carcosa — es han­delt von einer beruf­lich erfolg­rei­chen Frau, die nach einer MS-Diagnose gezwun­gen ist, ihr kom­plet­tes Leben umzu­stel­len. Darko Suvin hat die Science Fiction einmal als ein Genre beschrie­ben, das seine Leser:innen mit einem Novum kon­fron­tiert, mit etwas Neuem, das uns das Leben in einem ande­ren Licht erschei­nen lässt. In diesem Sinne ist So Lucky, das mit dem Washington State Book Award aus­ge­zeich­net wurde, viel­leicht doch der SF zuzu­rech­nen, denn Menschen mit schwe­ren gei­sti­gen oder kör­per­li­chen Einschränkungen sind vielen von uns ebenso fremd wie Aliens von einem ande­ren Planeten.

Als Drittes — und hof­fent­lich nicht Letztes — werden wir Griffith’ mit dem Lambda Award aus­ge­zeich­nete Autobiographie And Now We Are Going to Have a Party publi­zie­ren, in der sie erzählt, wie sie in England auf­wuchs und sich schließ­lich, nach dem Besuch des legen­dä­ren Clarion Writers Workshop, als SF-Autorin eta­blierte. Dabei freut mich beson­ders, dass sie sich, nach­dem wir erst­mals über eine dt. Ausgabe dieses Werkes spra­chen, über­legt, diese Lebensgeschichte wei­ter­zu­er­zäh­len.

So viel für heute. Ich stecke bis zum Hals in der Übersetzung von Michael Moorcocks Mother London, seinem für mich besten Roman und so etwas wie ein Vorläufer und Ideengeber für Jerusalem von Alan Moore (der Mother London zu seinen Lieblingsbüchern zählt); werde jetzt noch einige Kleinigkeiten erle­di­gen und dann, wäh­rend es drau­ßen schon dunkel wird, zur Elbe schlen­dern. Schönes Wochenende, und bis dem­nächst …


Mittwoch, den 6. November 2024

Endlich erschie­nen! Nach einer über­schwem­mungs­be­ding­ten Verzögerung (siehe weiter unten) sind sie jetzt end­lich da, die ersten beiden Carcosa-Neuheiten des zwei­ten Halbjahrs 2024: Jagannath von Karin Tidbeck und Jerusalem von Alan Moore! Ich selbst habe sie noch nicht in Händen gehal­ten, aber Hardy Kettlitz aus der Berliner Zentrale hat mir dieses Foto geschickt und begei­stert davon erzählt, wie schön sie gewor­den sind.

Von einer deutsch­spra­chi­gen Ausgabe des Großromans Jerusalem habe ich schon vor über zehn Jahren geträumt, als ich noch für den S. Fischer Verlag tätig war, doch dort wollte der Literaturchef — nach­voll­zieh­ba­rer­weise — das Risiko nicht ein­ge­hen. Aber jetzt ist dieser Traum in Erfüllung gegan­gen! Danke an all die Mitstreiter:innen, die das mög­lich gemacht haben … und danke an Euch, die Ihr das Buch kaufen und lesen werdet.

Verlagschef Hardy Kettlitz hat ver­gan­ge­nes Wochenende Nachtschichten ein­ge­legt, sodass alle Lieferscheine recht­zei­tig vor­la­gen, als die Bücher am Montag in unse­rer Auslieferung ein­tra­fen. Und dort wurden eben­falls flei­ßig Paletten abge­la­den und Päckchen gepackt, sodass nun große und kleine Kartons zu den Zwischenhhändlern, Buchhandlungen und Kund:innen unter­wegs sind.

Danke für Eure groß­ar­tige Unterstützung, für Eure Rückmeldungen — und bitte bleibt uns gewo­gen …


Freitag, den 18. Oktober 2024

Heute eine rasche Zwischenmeldung über den Stand der Dinge in der Wittenberger Verlagsklause. Am Mittwoch durfte ich nach Frankfurt düsen, um dort zusam­men mit meiner Liebsten für Hardy Kettlitz und mich einen Deutschen Verlagspreis ent­ge­gen­zu­neh­men (und anschlie­ßend die Rowohlt-Party zu besu­chen). Es tat gut, sich unter so vielen Gleichgesinnten zu bewe­gen, die mit den Freuden und Problemen des (Klein-)Verlagsdaseins ver­traut sind und sich mit der­sel­ben Leidenschaft für Bücher ein­set­zen wie wir. Außerdem habe ich ein paar frü­here Kolleg:innen von S. Fischer wie­der­ge­trof­fen und bin am Lübbe-Stand Programmchef Stefan Bauer begeg­net, der mit der ehe­ma­li­gen Heyne- und Piper-Lektorin Friedel Wahren und Autor Andreas Eschbach zusam­men­saß. Was für ein schö­ner Zufall! Und zwi­schen­durch hatte ich noch Zeit für einen Plausch mit Florian Schmelz, einem wahn­sin­nig netten und enga­gier­ten Buchhandelsauszubildenden bei Osiander in Tübingen, der nicht nur unfass­bare Mengen von Carcosa-Büchern ver­kauft, son­dern auch unse­ren Instagram-Kanal betreut. Way to go, Florian!

Zu Hause habe ich mich dann gleich wieder am Schreibtisch nie­der­ge­las­sen, an den Conan-Erzählungen von Robert E. Howard wei­ter­über­setzt und mich mit den Druckfahnen der drei Bücher beschäf­tigt, die bei Carcosa im Dezember erschei­nen: Nova von Samuel R. Delany, Die Geißel des Himmels von Ursula K. Le Guin und Erwachende Welten von Joanna Russ. Die Druckdaten müssen in zehn Tagen an die Druckerei gehen, also befin­den wir uns im Endspurt. Le Guin und Russ sind fast druck­fer­tig, bei Delany lese ich heute das letzte Kapitel und arbeite näch­ste Woche die Korrekturen unse­rer flei­ßi­gen Mitstreiter Franz-Josef Knelangen und Ralf Neukirchen ein (die Hardy dann in die Satzdatei über­trägt, eine Plackerei, die es echt in sich hat). Aber dann ist es geschafft — bis zum näch­sten Programm!

Und zum Schluss, bitte nicht ver­ges­sen: Nächste Woche finden zwei Carcosa-Veranstaltungen statt, am Dienstag in Potsdam und am Donnerstag in Rostock (siehe aus­führ­li­cher den Eintrag direkt unter diesem). Wer Zeit und Lust hat — wir freuen uns, Euch in unter­schied­li­chen Konstellationen zu sehen!


Samstag, den 5. Oktober 2024

Um zwei Preisverleihungen geht es heute und um zwei Veranstaltungen. Das ver­gan­gene Wochenende habe ich zusam­men mit meiner Liebsten auf dem Elstercon in Leipzig ver­bracht, wo ich am Büchertisch von Carcosa/Memoranda zusam­men mit Hardy Kettlitz einige unse­rer Leser:innen begrü­ßen durfte (Umsatz haben wir auch gemacht, vielen Dank).

Das Highlight der Veranstaltung war die Verleihung des Kurd Laßwitz Preises, bei dem, wie ich bereits berich­ten durfte, Carcosa nicht schlecht abge­schnit­ten hat: In der Kategorie Bestes aus­län­di­sches Werk gewann Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin mit großem Abstand, und in der Kategorie Beste Übersetzung belegte Carcosa sogar die ersten drei Plätze — eine über­wäl­ti­gende Bestätigung der Qualität unse­rer Arbeit.

Richtig toll war, dass Karen Nölle, Helmut W. Pesch und Matthias Fersterer ange­reist waren, um den Preis für die beste Übersetzung per­sön­lich ent­ge­gen­zu­neh­men (siehe Foto, das wir Jörg Ritter ver­dan­ken; links im Bild der unfass­bar flei­ßige KLP-Treuhänder Udo Klotz). Abermals Gratulation — die Würdigung ist mehr als ver­dient.

Die zweite Preisverleihung findet am 16. Oktober 2024 auf der Frankfurter Buchmesse statt, wo ich für Memoranda/Carcosa einen Deutschen Verlagspreis ent­ge­gen­neh­men darf — »einen« des­halb, weil dort rund acht­zig Verlage aus­ge­zeich­net werden. Hardy Kettlitz und ich fühlen uns sehr geehrt, zumal der Preis gut dotiert ist und unser klei­nes Projekt ein Stück weiter ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Danke an die Jury und alle, die dafür Sorge tragen, dass die Vielfalt des bun­des­deut­schen Verlagswesens wei­ter­hin auf diese Weise unter­stützt wird!

Und nun zu den Veranstaltungshinweisen: Am Dienstag, den 22. Oktober 2024, werden Hardy Kettlitz und ich ab 19:30 Uhr in Potsdam auf dem Podium sitzen, und zwar im Rahmen der äußerst inter­es­san­ten Veranstaltungsreihe Planstelle #1 — Science Fiction, Debatten, Spekulationen, die vom Libertalia e. V. aus­ge­rich­tet wird. Wir werden unsere Verlagsprogramme prä­sen­tie­ren, über die Bedingungen und Ziele unse­rer Arbeit spre­chen und stehen gerne Rede und Antwort; Genaueres findet Ihr hier. Wir freuen uns auf Euren Besuch!

Zwei Tage später, am Donnerstag, den 24. Oktober 2024, werden Matthias Fersterer, Jana Gebauer und Gesa Mackenthun ab 19 Uhr in Rostock über den Roman Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin spre­chen, und zwar unter dem Motto: Denken in Utopien: Ursula K. Le Guin und das gute Leben für alle. Ich weiß noch nicht, ob ich es dort­hin schaffe, aber ich wäre sehr gerne dabei — das ver­spricht ein span­nen­der Abend zu werden, an dem die bedeu­tend­ste Autorin unse­res Verlages unter ver­schie­de­nen Aspekten beleuch­tet wird. Hier geht’s zu den Details.

Ziemlich viel dieses Mal, also spare ich mir, auch wenn es mir schwer­fällt, eine Nachricht auf, die mich sehr glück­lich macht — ich durfte die Rechte an drei Büchern einer meiner Lieblingsautorinnen ein­kau­fen. Aber dazu bald mehr …


Montag, den 23. September 2024

Keine so guten Nachrichten heute — (und ich meine nicht die Landtagswahl in Brandenburg, bei der die Nazis fast drei­ßig Prozent der Stimmen erhal­ten haben, was mein Geschichtsbewusstsein knappe hun­dert Jahre in die Vergangenheit ver­setzt): Nein, es geht darum, dass sich die Auslieferung unse­res Herbstprogramms wohl merk­lich ver­zö­gern wird. Und das liegt, aus­ge­rech­net, am Wetter.

Unsere hoch­ge­schätzte Hausdruckerei Finidr liegt in dem male­ri­schen tsche­chi­schen Städtchen Český Těšín, und auch dort ist es in den letz­ten Tagen zu einer Hochwasserkatastrophe gekom­men. Die Olše, ein Nebenfluss der Oder, ist über die Ufer getre­ten, und die Innenstadt musste eva­ku­iert werden. Das Papierlager von Finidr wurde teil­weise über­schwemmt, und viele Mitarbeiter:innen haben der­zeit bestimmt andere Sorgen als unsere Drucktermine.


Ich möchte Euch hier jetzt keine Horrorbilder zeigen (oder her­auf­be­schwö­ren), aber es steht natür­lich außer Frage, dass wir die Kolleg:innen vor Ort unse­rer Solidarität (und unse­rer Geduld) ver­si­chert haben — und hoffen, dass die Menschen dort bald wieder zu so etwas wie einer Normalität zurück­keh­ren können.

Konkret betrof­fen sind bei uns die beiden Bücher Jerusalem von Alan Moore und Jagannath von Karin Tidbeck, die (wenn nicht noch Schlimmeres pas­siert) am 6. November erhält­lich sein werden, also einen Monat später als ursprüng­lich geplant. Bei den drei Büchern, die im Dezember erschei­nen sollen (Delany, Le Guin und Russ), steht der ursprüng­li­che Terminplan bis­lang noch, doch das kann sich ändern. Aber das ist zweit­ran­gig. Wichtiger ist, dass in Český Těšín alle gesund und wohl­auf blei­ben und nie­mand ihren oder seinen Arbeitsplatz ver­liert. Das wün­schen wir von Herzen.


Freitag, den 13. September 2024

Mit soge­nann­tem Black Pulp – also mit Fortsetzungsromanen von Autor:innen, deren Hautfarbe ebenso wenig der »Norm« ihrer Zeit ent­sprach wie die ihrer Leserschaft — möchte ich mich künf­tig etwas ein­ge­hen­der beschäf­ti­gen. Ich denke, nicht nur ich habe da einen blin­den Fleck, zumal das Gros dieser Werke nicht in den geläu­fi­gen Pulp-Magazinen erschie­nen ist, son­dern in Tages- und Wochenzeitungen und deren Beilagen.

Konkret habe ich gerade den Doppelroman The Black Internationale / Black Empire (erschie­nen 1936/37 bzw. 1937/38 in The Pittsburgh Courier) von George S. Schuyler gele­sen, damals einer der erfolg­reich­sten Journalisten in den USA, von H. L. Mencken unter die Fittiche genom­men und irgend­wann von links-sozialistisch nach hart rechts abge­rutscht. Erzählt wird die Geschichte einer Verschwörung der »schwar­zen« Bevölkerung, die sich im Verlauf des ersten Bandes auf die ganzen Vereinigten Staaten aus­wei­tet.

Im zwei­ten Teil wird dann der afri­ka­ni­sche Kontinent erobert, von »Weißen« gesäu­bert, gegen die mili­tä­ri­sche Macht der euro­päi­schen Kolonialisten ver­tei­digt und schließ­lich zum Paradies für alle Negroes der Welt erklärt. Dabei han­delt es sich um eine lupen­reine Rachephantasie, einen in rasan­tem Tempo erzähl­ten Abenteuerroman, in dem es keinen Helden gibt, son­dern nur einen unbarm­her­zi­gen Bösewicht aller­größ­ten Stils.

Schuyler reagiert mit diesem Werk, ebenso wie mit seinem 1931 erschie­ne­nen Roman Black No More, natür­lich auf die ras­si­sti­schen Verhältnisse seiner Zeit, en detail aber auch ganz kon­kret auf eine län­gere Erzählung von David H. Keller, die unter dem Titel »The Menace« 1928 in dem von Hugo Gernsback her­aus­ge­ge­be­nen Magazin Amazing Stories erschie­nen war. In diesem reak­tio­nä­ren Machwerk, das mehr über die USA in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts aus­sagt als ganze aka­de­mi­sche Bibliotheken, geht es eben­falls um eine »schwarze« Verschwörung gegen das »weiße« Amerika, aller­dings aus einem völlig ande­ren Blickwinkel erzählt und mit völlig ande­rem Ausgang.

The Black Internationale / Black Empire sowie Black No More von George S. Schuyler sind beide in sorg­fäl­tig edier­ten Ausgaben inner­halb der Penguin Classics erschie­nen, und über das Gesamtphänomen »Black Pulp« gibt es eine Monographie von Brooks E. Hefner, die ich mir dem­nächst einmal vor­neh­men möchte. Als Nächstes ist erst einmal Pauline Hopkins an der Reihe, viel­leicht die erste Autorin, die sich dem zurech­nen lässt, was heute als Afrofuturismus bezeich­net wird. Wer von Euch hat noch etwas in dieser Richtung gele­sen? Ich bin dank­bar für Hinweise und Rückmeldungen


Montag, den 2. September 2024

Jerusalem von Alan Moore ist heute in den Druck gegan­gen …


Dienstag, den 27. August 2024

Zum Stand der Dinge heute mal wieder ein paar Äußerungen, denn die Erscheinungstermine des Herbstprogramms nahen unauf­halt­sam. Dieses Mal haben wir die fünf Carcosa-Bücher auf zwei Chargen ver­teilt, weil sich das für uns ein­fa­cher hand­ha­ben lässt.

Am 9. Oktober 2024 erschei­nen ein ganz klei­nes und ein ganz großes Buch — Jagannath von Karin Tidbeck und Jerusalem von Alan Moore, beides faden­ge­hef­tete Hardcover-Bände, wobei Ersterer in Letzteren gut vier­zehn­mal hin­ein­passt — Jerusalem umfasst über 2.500 Normseiten, Jagannath ziem­lich genau 180; als Buch dann 1.442 groß­for­ma­tige Druckseiten sowie 219 klein­for­ma­tige. Entsprechend unter­schied­lich war auch der Aufwand im Vorfeld: Jagganath habe ich buch­stäb­lich neben­her über­setzt, immer mal wieder eine Erzählung, wobei mich Tabea Hecht und Michael Siefener redak­tio­nell unter­stütz­ten. An Jerusalem wie­derum hat fast ein Team von der Größe einer Fußballmannschaft gewer­kelt — zwei Übersetzer, zwei Co-Übersetzer (wobei einer der­sel­ben auch als Rechercheuer und Redakteuer fun­gierte), eine Lektorin, zwei Korrektoren und ein Setzer, der mir dem­nächst die Freundschaft auf­kün­digt. Beide Bücher gehen in sechs Tagen in den Druck, wir werden alle erleich­tert auf­at­men.

Am 4. Dezember 2024 erschei­nen dann drei Klappenbroschuren in unse­rem Standardformat: mit Erwachende Welten der zweite Band unse­rer Ausgabe der Werke von Joanna Russ; mit Nova das dritte frühe Meisterwerk aus der Feder von Samuel R. Delany; und mit Die Geißel des Himmels ein zwei­ter Roman von Ursula K. Le Guin, der mich auch bei wie­der­hol­ter Lektüre jedes Mal völlig begei­sterte. Bei Delany lek­to­riere ich gerade die Neuübersetzung von Jakob Schmidt, das Buch sollte Mitte September in den Satz gehen. Bei Russ sehe ich gerade Charlotte Kraffts Übersetzung der Rezensionen ein wei­te­res Mal durch, und nach einem letz­ten exter­nen Redaktionsdurchlauf des ganzen Buches ist dann auch dieses satz­fer­tig. Bei Le Guin sind die Druckfahnen bereits zwei­mal gele­sen, hier müssen nur noch die Korrekturen ein­ge­ar­bei­tet und anschlie­ßend über­prüft werden.

Ihr seht, wir betrei­ben einen großen Aufwand, damit unsere Bücher nicht nur der Qualität der ein­zel­nen Werke und unse­ren eige­nen Ansprüchen gerecht werden, son­dern auch Euren Erwartungen. Dabei habe ich heute noch einmal eine beson­dere Bitte: Wenn Ihr Euch ent­schie­den habt, eines oder meh­rere unse­rer Bücher zu erwer­ben, so gebt bitte eine Direktbestellung auf. Daran ver­die­nen wir buch­stäb­lich dop­pelt so viel wie an Verkäufen, die über den Handel laufen. Ganz zu schwei­gen von der Tatsache, dass unsere lieben Großhändler Rechnungen (ver­trags­ge­mäß) erst nach über drei Monaten bezah­len, und manch­mal sogar dann nicht. Bei einem Werk wie Jerusalem belau­fen sich allein die Druckkosten auf 30.000 Euro, und je früher wir diese wieder ein­ver­dient haben, umso beru­hig­ter können wir an unse­rem neuen Programm arbei­ten.

Vielen Dank für Eure Unterstützung — und viel Spaß bei der Lektüre der Carcosa- und Memoranda-Bücher …


Sonntag, den 11. August 2024

Nachdem ich die letz­ten andert­halb Jahre fast aus­schließ­lich für Carcosa tätig war, ist inzwi­schen der Punkt erreicht, an dem ich wieder einen Großteil meiner Zeit auf Übersetzungen für andere Verlag wenden werde, schließ­lich kann ich nicht dau­er­haft von der Substanz leben, von der Finanzierung des Verlages einmal ganz abge­se­hen. Neben einem klei­ne­ren Projekt für den Wandler Verlag (siehe unten), von dem ich nicht weiß, ob ich bereits dar­über spre­chen darf, steht jetzt wieder ein Schmöker an, der es dem Umfang nach bei­nahe mit meiner Elric-Neuübersetzung auf­neh­men kann.

Und nicht nur das hat dieser Auftrag mit dem blei­chem Helden und seinem Schwert Sturmbringer gemein­sam, han­delt es sich doch um die Erzählungen, gegen die Michael Moorcock damals ganz gezielt ange­schrie­ben hat. Genau, ich spre­che von Conan, der Schöpfung des Texaners Robert E. Howard.

Wie schon bei Elric betrachte ich es als eine große Herausforderung, ein Werk neu zu über­set­zen, das bereits mehr­fach auf Deutsch erschie­nen ist. Und wie bei Elric möchte ich mich weder zu den älte­ren Übertragungen äußern, noch werde ich mehr als einen flüch­ti­gen Blick hin­ein­wer­fen. (Einen sol­chen Vergleich hat hin­sicht­lich Moorcock bereits eine Fachzeitschrift ange­stellt, und das Fazit erscheint mir nach­voll­zieh­bar.) Ich werde mich ganz darauf kon­zen­trie­ren, der Vorlage mög­lichst nahe zu kommen und einen Text abzu­lie­fern, der die glei­che Begeisterung weckt wie das sti­li­stisch über weite Strecken recht sou­ve­räne Original.

Über Robert E. Howard selbst werden viele Leser:innen geteil­ter Meinung sein, aber sein Werk hat eine ein­ge­hen­dere Beschäftigung meines Erachtens durch­aus ver­dient. Das Klischee vom tumben, schwert­schwin­gen­den Barbaren, das sich vor allem der Schwarzenegger-Verfilmung und den (gelinde gesagt) meist miss­lun­ge­nen spä­te­ren Romanen aus frem­der Feder ver­dankt, sollte anhand der Originaltexte über­prüft werden. Aus Conan ist leider eine ganze Industrie gewor­den, an der sich vor allem Leute berei­chern, denen das Erbe der Pulpmagazine nicht gleich­gül­ti­ger sein könnte. Dass es auch anders geht, hat vor allem der Festa Verlag gezeigt, dessen (illu­strierte!) Conan-Ausgabe aus lizenz­recht­li­chen Gründen nicht mehr erhält­lich ist, der aber auch Howards soge­nann­ten Horror-Geschichten (und ande­ren) schöne Bände gewid­met hat.

Begleitend zu meiner Übersetzungsarbeit lese ich gerade die infor­ma­tive Howard-Biographie Blood and Thunder von Mark Finn, zum zwei­ten Mal sogar, denn sie ist in einer über­ar­bei­te­ten und erwei­ter­ten Ausgabe erschie­nen. Darin werden u.a. erhel­lende Zusammenhänge zwi­schen dem Texas der 1920er und 1930er Jahre und den ver­schie­de­nen Fantasy- und histo­ri­schen Welten auf­ge­zeigt, in denen Howards Helden ihre recht blu­ti­gen Abenteuer erle­ben. Anschließend werde ich mir One Who Walked Alone vor­neh­men, die Erinnerungen der Lehrerin und Schriftstellerin Novalyne Price Ellis, die mit Howard eng befreun­det war und deren kluges, aus­ge­wo­ge­nes Urteil stets gelobt wird.

Und nein, ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über Sinn und Zweck von Neuübersetzungen los­tre­ten. Ich freue mich ein­fach ganz ego­istisch, dass ich mich bis ins klein­ste Detail mit diesen klas­si­schen Pulptexten aus­ein­an­der­set­zen darf, und hoffe, dass das Ergebnis bei Erscheinen (in gut zwei Jahren) einige Leser:innen zufrie­den­stellt.


Dienstag, den 30. Juli 2024

Den Verstand ver­lie­ren könnte ich vor Wut, wenn ich wie in den letz­ten Tagen in der Zeitung lese, dass einer­seits eine marode Werft für Kreuzfahrtschiffe (!) von Staatsseite mit 2,7 Milliarden Euro gestützt werden und ande­rer­seits gegen ein­zelne Engagierte, die sich aus schie­rer Verzweiflung über die kata­stro­phale Klimapolitik sämt­li­cher Regierungen auf Flugplätzen fest­kle­ben, »härter durch­ge­grif­fen« werden soll. Himmel hilf — wie lange dauert es denn noch, bis die soge­nann­ten »Entscheider« begrei­fen, welche Stunde es geschla­gen hat?

Was das mit diesem Verlag und diesem Blog zu tun hat? Na ja, ich komme mir halt oft ziem­lich hilf­los vor. Auch wenn sich Carcosa als dezi­diert poli­ti­scher Verlag ver­steht, der Autor:innen mit unter­schied­li­cher, in jedem Fall aber kri­ti­scher, auf­klä­re­ri­scher Weltsicht publi­ziert, frage ich mich, ob wir in diese Richtung genug tun. Natürlich soll erzäh­lende Literatur nicht ins Predigen ver­fal­len, was nicht leicht ist, wenn sich ein Text mit den Missständen der auf bloßen Kapitalismus redu­zier­ten Realität aus­ein­an­der­setzt.

Deshalb bin ich ja auch so froh, dass wir im Frühjahr 2025 den mit dem Ursula K. Le Guin Prize aus­ge­zeich­ne­ten Mosaikroman Arboreality der Kanadierin Rebecca Campbell (über­setzt von Barbara Slawig!) brin­gen — poe­ti­scher und ergrei­fen­der lässt sich das Leben unter den Bedingungen fort­schrei­ten­den Klimawandels kaum erzäh­len. Aber ich würde gerne mehr Bücher dieser Art ver­le­gen.

Ein großes Vorbild, wie sich Politisches und Privates auf höch­stem Niveau dar­stel­len lässt, ist für mich immer noch Kim Stanley Robinson. Dessen Bücher werden seid Jahren vom Heyne Verlag ordent­lich betreut. Allerdings sind zwei seiner Hauptwerke leider bis­lang nicht auf Deutsch erschie­nen: der ful­mi­nante Alternativweltroman The Years of Rice and Salt, in dem die Weltgeschichte nach den großen Pestepidemien völlig anders ver­läuft, und seine Trilogie Science in the Capital, die aus den Romanen Forty Signs of Rain, Fifty Degrees Below und Sixty Days and Counting besteht und in der er die Wechselwirkung von Klimawandel und dem par­tei­po­li­ti­schen Umgang mit natur­wis­sen­schaft­li­chen Erkenntnissen schil­dert.

Wie gerne würde ich diese Romane bei Carcosa brin­gen! Lizenzhonorare, Druckkosten und der­glei­chen mehr wären dabei durch­aus zu stem­men. Doch um die Übersetzungen zu finan­zie­ren, bräuchte es ein mitt­le­res Wunder. Was nicht heißt, dass wir nicht daran arbei­ten, solche Wunder zu voll­brin­gen (schließ­lich erscheint bei uns Anfang Oktober das Meisterwerk Jerusalem von Alan Moore, und daran hat sich keiner der großen Verlage getraut). Aber ganz ohne Eure Unterstützung geht es eben auch nicht.

In diesem Zusammenhang an Euch die Frage: Welche Bücher kennt Ihr, die sich mit­tels der Science Fiction mit aktu­el­len, bri­san­ten Themen aus­ein­an­der­set­zen? Schreibt mir bitte, ich bin neu­gie­rig. Und prüfe gerne, ob davon etwas für die Publikaton bei Carcosa infrage kommt …


Dientstag, den 9. Juli 2024

Auf einen ande­ren tollen Kleinverlag möchte ich Euch heute hin­wei­sen, aus ver­schie­de­nen Gründen. Schon ein, zwei Jahre länger als Carcosa gibt es den Wandler Verlag, der unter der Leitung von Michael Schmitt hoch im Nordosten in Wendorf aus­ge­wählte Phantastik vom Feinsten publi­ziert. Der Schwerpunkt liegt hier eher auf dem Übernatürlichen und Unheimlichen, der lite­ra­ri­sche Anspruch ist beein­druckend.

Aktuell ist dort — ein wirk­lich großer Coup — die von Bernie Wrightson illu­strierte Frankenstein-Ausgabe erst­mals in deut­scher Sprache erschie­nen, in jeder Beziehung eine Augenweide. Das Spektrum der Autor:innen reicht von John Crowley bis Jeff VanderMeer, das Spektrum der Bücher von preis­gün­sti­gen Paperbacks bis zu auf­wän­di­gen Hardcover-Ausgaben.

Ich selbst sitze für Wandler der­zeit an der Übersetzung eines Bandes mit Erzählungen einer Autorin, die ich bei Golkonda ver­legt habe und sehr schätze — mehr möchte ich noch nicht ver­ra­ten. Aber gönnte Euch einen Ausflug auf die Shop-Seite des Verlages; ich bin über­zeugt, dass Ihr auf so man­ches Erstaunliche und Ungewöhnliche stoßen werdet …


Samstag, den 29. Juni 2024

Für einen wei­te­ren Preis … sind wir nomi­niert, und auch das gleich wieder mehr­fach: Vor ein paar Tagen erreichte mich eine Mail von Robert Corvus, der dar­über infor­mierte, dass wir auf der Auswahlliste für einen Award der European Science Fiction Society stün­den. Dabei han­delt es sich um einen Preis, bei dem die lan­des­wei­ten SF-Verbände jeweils Vorschläge in meh­re­ren Kategorien ein­rei­chen; abge­stimmt wird dann von den Länderdelegierten am 16. bis 19. August 2024 auf dem EuroCon in Rotterdam.

Einen ersten Überblick über die dt. Nominierungsvorschläge findet sich hier. Toll ist, dass Kumpel und Kollege Hardy Kettlitz für die phan­ta­sti­sche Arbeit gewür­digt wird, die er mit seinem Memoranda Verlag (und den ver­schie­de­nen Vorgängerinkarnationen) seit Jahrzehnten lei­stet; toll ist, dass meine Übersetzertätigkeit mit Worten gewür­digt wird, die ich mir bei Gelegenheit mit einem Glas Rotwein auf der Zunge zer­ge­hen lassen werde.

Am toll­sten jedoch ist, dass unsere Gestalterin Ben end­lich einmal ange­mes­sen gewür­digt wird, und zwar aus­drück­lich für das Design der Carcosa-Bücher. Ich hatte mich ja bereits aus Anlass der Nominierungen für den Kurd Laßwitz Preis ein wenig echauf­fiert, dass Ben dort nicht einmal auf die Shortlist gelangte (wo sich aus­schließ­lich bunte Bildchen tum­mel­ten). Umso glück­li­cher bin ich, dass ihr auf diese Weise Gerechtigkeit wider­fährt! Wir haben nun schon an weit über ein­hun­dert Projekten zusam­men­ge­ar­bei­tet, und ich froh und dank­bar für jedes wei­tere …


Freitag, der 7. Juni 2024

Zweimal Platz 1 … belegt der Carcosa Verlag bei der dies­jäh­ri­gen Wahl zum Kurd Laßwitz Preis. Für alle, die es genau wissen möch­ten: Der KLP ist das deutsch­spra­chige Gegenstück zum Nebula Award und damit ein Preis, der von den Science-Fiction-Schaffenden selbst, also von Autor:innen, Übersetzer:innen, Gestalter:innen und ande­ren ver­ge­ben wird.

Doppelt gewon­nen hat die dt. Erstausgabe des Romans Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin, und zwar in den Kategorien bestes aus­län­di­sches Werk und beste Übersetzung. Ich bin über die Maßen stolz, dass wir in dieser Form dafür gewür­digt werden, uns an dieses unge­wöhn­li­che und umfang­rei­che Buch gewagt zu haben. Und ganz beson­ders freut mich, dass die drei Übersetzer:innen Matthias Fersterer, Karen Nölle und Helmut W. Pesch für Ihre groß­ar­tige, gedul­dige Arbeit aus­ge­zeich­net werden — ich kann mir nie­man­den vor­stel­len, der oder die das mehr ver­dient hätte.

Fast ebenso sehr freut mich, dass wir in der Kategorie beste Übersetzung nicht nur Platz 1 bele­gen, son­dern auch Platz 2 und 3, und zwar mit meiner Neuübersetzung des Mosaikromans Der fünfte Kopf des Zerberus von Gene Wolfe und mit Jakob Schmidts Neuübersetzung des SF-Klassikers Babel-17 von Samuel R. Delany. Das ist unge­fähr so, als würde eine Nation in einer olym­pi­schen Disziplin gleich­zei­tig die Gold‑, Silber- und Bronzemedallie ein­heim­sen — ich glaube nicht, dass es das beim Kurd Laßwitz Preis schon einmal gege­ben hat.

Weshalb ich mich bei allen SF-Schaffenden, die sich an der Nominierung und an der end­gül­ti­gen Auswahl betei­ligt haben (bei den Übersetzungen han­delt es sich um ein Gremium aus Lektor:innen und Übersetzer:innen), herz­lich bedan­ken möchte — und ganz beson­ders bei KLP-Treuhänder Udo Klotz, der sich Jahr für Jahr eine Menge Arbeit auf­bür­det, damit dieser Preis weiter ver­ge­ben werden kann.

Preisverleihung ist im Übrigen am 28. September 2024 im Haus des Buches in Leipzig, und zwar im Rahmen des 17. ElsterCons. Hardy Kettlitz und ich werden mit einem Büchertisch vor Ort sein, und auch die preis­ge­krön­ten Übersetzer:innen haben ihre Absicht erklärt, anwe­send zu sein. Es würde uns sehr freuen, mög­lichst viele Carcosa-Leser:innen dort begrü­ßen zu dürfen!


Sonntag, der 26. Mai 2024

Die Herbst-Neuheiten sind online gegan­gen — will sagen, dass jetzt zu den fünf Büchern, die dieses Jahr im Oktober und im Dezember erschei­nen werden, aus­führ­li­che Informationen auf Unterseiten der Carcosa-Homepage zugäng­lich sind. Eigentlich wollte ich schon vor Stunden den Computer aus­schal­ten und etwas an die Sonne gehen, aber dann gab’s doch wieder mehr und mehr zu tun, und jetzt möchte ich noch das bekannt­ge­ben.

Anfang Oktober werden also Jerusalem von Alan Moore und Jagannath von Karin Tidbeck erhält­lich sein, zwei Bücher, die zwar beide der lite­ra­ri­schen Phantastik zuge­hö­ren, aber hin­sicht­lich Still und Umfang nicht unter­schied­li­cher sein könn­ten. Jerusalem ist ein Mammutwerk von über­wäl­ti­gen­der erzäh­le­ri­scher Wucht, wäh­rend Jagannath eher leise daher­kommt, dabei aber nicht weni­ger atem­be­rau­bend ist.

Im Dezember dann folgen drei Bücher, die klar der Science Fiction zuzu­rech­nen sind und jeweils klas­si­sche Werke in neuer oder über­ar­bei­te­ter Übersetzung prä­sen­tie­ren: Nova von Samuel R. Delany, Die Geißel des Himmels von Ursula K. Le Guin und Erwachende Welten, der zweite Band unse­rer Joanna-Russ-Ausgabe, der unter ande­rem ihren bedeu­tend­sten und erfolg­reich­sten Roman Der weib­li­che Mann ent­hält.

Wenn ich mir diese drei Romane vor Augen führe, gerate ich sofort wieder ins Schwärmen! Obwohl sie ursprüng­lich in den Jahren 1968, 1971 und 1975 erschie­nen sind, haben sie nichts von ihrer erzäh­le­ri­schen Genialität und von ihrer poli­ti­schen Brisanz ver­lo­ren. Fast möchte ich sogar behaup­ten, dass die gesell­schaft­li­chen Verhältnisse, die darin geschil­dert werden, für uns hier und heute von noch grö­ße­rer Relevanz sind.

Aber über­zeugt Euch selbst — alle fünf Bücher sind vor­be­stell­bar, und sobald uns die ent­spre­chen­den Texte gesetzt und kor­ri­giert vor­lie­gen, werden wir suk­zes­sive Leseproben ins Netz stel­len. Und ich gehe jetzt end­lich raus an die fri­sche Luft …


Sonntag, der 12. Mai 2024

Unterstützt uns lautet seit Neustem ein Menüpunkt auf der Carcosa-Homepage. Darunter ver­birgt sich ein Aufruf, uns in klei­ne­rem Rahmen regel­mä­ßig oder in grö­ße­rem Rahmen pro­jekt­be­zo­gen finan­zi­ell zu för­dern. Dazu möchte ich gleich klar­stel­len: Carcosa ist (ebenso wie der ver­schwi­sterte Verlag Memoranda) in kein­ster Weise gefähr­det. Es geht uns darum, das sta­bile Fundament, auf dem unsere Arbeit ruht, mit­tel­fri­stig zu ver­stär­ken und brei­ter anzu­le­gen. Und dafür brau­chen wir Eure Unterstützung.

Carcosa ist ein unab­hän­gi­ger Verlag, der es sich auf die Fahnen geschrie­ben hat, jen­seits irgend­wel­cher Trends und Moden anspruchs­volle phan­ta­sti­sche Literatur zu ver­öf­fent­li­chen. Bereits in unse­rem ersten Jahr ist es uns gelun­gen, eine Reihe groß­ar­ti­ger Autor:innen an uns zu binden und erfolg­reich Bücher von kano­ni­scher Bedeutung wie von aktu­el­ler Brisanz zu publi­zie­ren. Das Feedback von Handel wie von Presse und — was am wich­tig­sten ist — von den Leser:innen ist durch­weg posi­tiv bis begei­stert.

Jetzt möch­ten wir Euch die Möglichkeit bieten, unsere Arbeit direkt zu för­dern. Dafür haben wir uns die kleine Berliner Crowdfunding-Plattform Steady aus­ge­sucht, die, so finden wir, am besten zu uns passt. Bitte lest Euch in Ruhe durch, was wir uns über­legt haben, und ent­schei­det, was Euch zusagt und wozu Ihr in der Lage seid. Für Steady-Unterstützer:innen wird es dem­nächst exklu­sive Informationen und Verlosungen geben sowie andere Möglichkeiten der Teilhabe an unse­rer Arbeit.

Mit Carcosa haben wir uns einen Traum erfüllt — den Traum, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat an Büchern zu arbei­ten, die unser Herz höher schla­gen lassen. Seit wir mit unse­ren ersten beiden Programmen an die Öffentlichkeit gegan­gen sind, durf­ten wir erfah­ren, dass das, was wir tun, vielen Menschen etwas bedeu­tet. Bitte zeigt uns Eure Wertschätzung auch wei­ter­hin. Durch den Kauf unse­rer Bücher. Und, sofern das geht, auf die von uns vor­ge­schla­gene Weise


Mittwoch, der 1. Mai 2024

Das Reihenkonzept von Carcosa … möchte ich heute kurz erläu­tern. Reihenkonzept? Ja, uns war von Anfang an klar, dass die Bücher eines klei­nen Verlages mit über­sicht­li­chem Marketingbudget einen hohen Wiedererkennungswert haben müssen (Klaus Wagenbach hat das in seinem Verlag, der inzwi­schen seit sech­zig Jahren besteht, muster­gül­tig vor­ge­macht, sei es mit den Quartbüchern, den roten Leinebänden der Salto-Reihe oder der Kleinen Kulturwissenschaftliche Bibliothek).

Den Kern des Verlages bilden Klassikerausgaben in neuen oder über­ar­bei­te­ten Übersetzungen neben Erstübersetzungen eta­blier­ter Autor:innen, in der Regel in schö­nen Klappenbroschuren mit lackier­tem Einband, bei grö­ße­rem Umfang in Form gebun­de­ner Bücher mit Lesebändchen. Die Ausstattung rich­tet sich, nicht nur in diesen Fällen, einer­seits nach ästhe­ti­schen Kriterien, ande­rer­seits nach der Kalkulation, schließ­lich sollen die Bücher einen bestimm­ten Preis nicht über­stei­gen.

Eine zweite Reihe bilden die hand­li­chen Hardcover-Bändchen, bisher durch die beiden Dex & Helmling-Romane Ein Psalm für die wild Schweifenden und Ein Gebet für die acht­sam Schreitenden von Becky Chambers ver­tre­ten. Im kom­men­den Oktober wird diese Reihe um den Erzählungsband Jagannath von Karin Tidbeck erwei­tert, einer jungen Stimme aus Schweden, im Frühjahr 2025 folgt die Übersetzung des mit dem Ursula K. Le Guin Prize aus­ge­zeich­ne­ten Mosaikromans Arboreality der Kanadierin Rebecca Campbell, an zwei wei­te­ren Werken dieser Reihe erwer­ben wir der­zeit die Lizenzrechte.

Dieses etwas klei­nere Format mit der hoch­wer­ti­gen Ausstattung — Fadenheftung, Lesebändchen, far­bi­ges Vorsatzpapier — soll Autorinnen der Gegenwart vor­be­hal­ten sein, die sti­li­stisch wie the­ma­tisch Außergewöhnliches lei­sten und damit zeigen, wozu phan­ta­sti­sche Literatur fähig ist, wenn sie ihre Grenzen aus­lo­tet. Gleichzeitig bildet diese Reihe ein Gegengewicht zu den Klassikerneuausgaben, schließ­lich möchte Carcosa nicht nur Kanonisches ver­öf­fent­li­chen, son­dern auch mit Neuentdeckungen auf­war­ten.

Keine Regel ohne Ausnahme: Bereits jetzt zeich­net sich ab, dass wir hin und wieder Bücher ver­le­gen werden, die den Rahmen der beschrie­be­nen Reihen spren­gen. Den Anfang macht der monu­men­tale Roman Jerusalem von Alan Moore, der mit weit jen­seits von 2000 Manuskriptseiten unbe­dingt nach einem grö­ße­ren Format ver­langt. Hier ori­en­tie­ren wir uns an der präch­ti­gen Elric-Ausgabe, die letz­tes Jahr bei S. Fischer erschie­nen ist und deren Satzspiegel sich trotz großer Textmenge durch her­vor­ra­gende Lesbarkeit aus­zeich­net. Solche Riesenschmöker werden bei uns natür­lich nicht allzu oft erschei­nen, aber nach Jerusalem schwe­ben mir bereits (min­de­stens) zwei wei­tere vor …

Ein wei­te­rer Zweck sol­cher Reihen ist, neben der Übersichtlichkeit, die Tatsache, dass es mög­lich ist, diese Reihen zu abon­nie­ren! Und zwar getrennt nach Klassikern in Klappenbroschuren einer­seits und bri­san­tem Neuen im hand­li­chen Hardcover ande­rer­seits. Oder natür­lich gleich das ganze Carcosa-Programm, sodass Ihr auch bestimmt kein ein­zi­ges Buch ver­passt. Damit unter­stützt Ihr unsere Arbeit, macht sie plan­ba­rer und sorgt dafür, dass der Verleger geruh­sa­mer schläft. Und wenn das kein zurei­chen­der Grund ist …


Freitag, der 19. April 2024

Ursula K. Le Guin steht im Mittelpunkt zweier Veranstaltungen, auf die ich hier hin­wei­sen möchte — und zwar finden beide am Donnerstag, den 25. April 2024 statt.

Im Literaturhaus Kiel stellt Übersetzerin Karen Nölle Immer nach Hause vor, die dt. Erstausgabe von Always Coming Home. Verleger Hannes Riffel wird eben­falls vor Ort sein, und Christopher Ecker, Autor des groß­ar­ti­gen Romans Fahlmann, wird das Gespräch mode­rie­ren.

Wer Karen Nölle schon einmal auf der Bühne gese­hen hat, weiß, dass sie äußerst klug und unter­halt­sam über ihre Arbeit und über die von ihr über­tra­ge­nen Autor:innen spricht. Sie hat Ursula K. Le Guin noch selbst besucht, auch davon wird sie erzäh­len.

Im Klanghaus am See in Klein Jasedow wie­derum möchte Matthias Fersterer, eben­falls Teil des Trios, das Always Coming Home ins Deutsche gebracht hat (und Leiter des Drachen Verlags), »unter dem Titel Vom guten Leben erzäh­len theo­re­tisch, prak­tisch und lite­ra­risch erkun­den, wie ein gutes Leben für alle über­haupt aus­se­hen kann und welche Visionen und Praktiken uns auch durch stür­mi­sche Zeiten tragen können. Die große phan­ta­sti­sche Autorin Ursula K. Le Guin (1929–2018) hat eine solche Zukunft eines guten Lebens auf den Ruinen unse­rer geschei­ter­ten Zivilisation in ihrem uto­pi­schen Roman Immer nach Hause beschrie­ben.«

Diese Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, und auch wenn das kleine Dorf im äußer­sten Nordosten Deutschlands nicht leicht zu errei­chen ist, möchte ich Euch den Veranstaltungsort und den Vortragenden wärm­stens an Herz legen — beide sind diese Reise alle­mal wert. Und in Kiel wie in Klein Jasedow wird sich bestimmt die Gelegenheit bieten, sich über das Carcosa-Programm aus­zu­tau­schen …


Donnerstag, der 11. April 2024

Erleichterte Grüße vom Wittenberger Schreibtisch heute — seit dieser Woche habe ich das Gros der Leipzig-Nachbearbeitungen, diverse merk­wür­dige Finanzamtsrückfragen und son­sti­gen Kleinkram weit­ge­hend hinter mir und … darf wieder über­set­zen! Ja, es ist wahr: Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich weiß, dass ich den Tag damit ver­brin­gen werde, einen tollen Text ins Deutsche zu brin­gen. Das ist eine groß­ar­tige Herausforderung, gibt einem das Gefühl, fort­wäh­rend etwas zu bewäl­ti­gen, und beru­higt außer­dem unge­mein.

Momentan sitze ich (falls sich jemand diese Frage gestellt hat) an Peace von Gene Wolfe, einem frühen Roman des Großmeisters, den es bisher nicht auf Deutsch zu lesen gab; ein ziem­lich ver­track­tes Werk mit vielen fal­schen Fährten, das mir aber auch wieder vor Augen führt, wie viel Humor sich in Wolves Büchern ver­birgt. Erscheinen wird Frieden bei Carcosa im Frühjahr 2025, also noch ein biss­chen hin, aber die Wolfe-Liebhaber:innen (herz­li­che Grüße gehen an Herrn Setzke in den Rowohlt Verlag) werden sich, so hoffe ich, freuen.

Ich jeden­falls habe mich wie ver­rückt über dieses Bild gefreut, das mir der Jungbuchhändler (kann man doch so sagen, oder?) Florian Schmelz aus der Osiander-Filiale in Tübingen geschickt hat. Ich hatte das große Vergnügen, Florian und seine Kollegen auf der Leipziger Buchmesse ken­nen­zu­ler­nen, und die geteilte Begeisterung hat sich gleich in einer tollen Präsentation des Carcosa-Programms vor Ort nie­der­ge­schla­gen.

Viel lie­be­vol­ler kann man, finde ich, Bücher kaum anbie­ten! Wer also in Tübingen und Umgebung wohnt und sich einmal in einer gut sor­tier­ten SF/Fantasy-Abteilung umschauen möchte, dem sei Osiander in der Metzgergasse 25 emp­foh­len. Wie es über­haupt sinn­voll ist, unsere (und andere) Bücher in einer freund­li­chen Buchhandlug vor Ort zu bestel­len und viel­leicht auf ihre beson­dere Qualität hin­zu­wei­sen. Und wei­ter­hin gilt: Wir freuen uns stets über Direktbestellungen. Sowie über kon­struk­tive Rückmeldungen zu unse­rem Programm …


Mittwoch, der 3. April 2024

Die Nominierungen für den Kurd Laßwitz Preis sind ver­öf­fent­licht worden — und Carcosa ist ins­ge­samt fünf Mal dabei! Vielen Dank an den Treuhänder Udo Klotz, der sich wie jedes Jahr eine Heidenarbeit auf­bür­det, damit es auch in der deutsch­spra­chi­gen Science-Fiction-Welt einen Preis gibt, der sich in etwa mit dem Nebula Award ver­glei­chen lässt.

Gleich drei­fach sind wir in der Kategorie »Beste Übersetzung« ver­tre­ten: Matthias Fersterer, Karen Nölle & Helmut W. Pesch für die Übersetzung von Ursula K. Le Guins Immer nach Hause (Always Coming Home), Jakob Schmidt für die Neuübersetzung von Samuel R. Delanys Babel-17 (Babel-17) und ein gewis­ser Hannes Riffel für die Neuübersetzung von Gene Wolfes Der fünfte Kopf des Zerberus (The Fifth Head of Cerberus).

Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin ist für sich genom­men in der Kategorie »Bestes aus­län­di­sches Werk« nomi­niert, außer­dem (schon wieder) Hannes Riffel »für die Gründung und das erste Programm von Carcosa, ins­be­son­dere die Veröffentlichung von Ursula K. Le Guins Werk Immer nach Hause«, in der Kategorie »Sonderpreis für ein­ma­lige her­aus­ra­gende Leistungen«.

Darüber hinaus hat mir Udo Klotz mit­ge­teilt: »Auf der Longlist stehen zudem noch eine wei­tere Übersetzung, die groß­ar­tige Reihengestaltung von Ben sowie drei der Essays aus dem Almanach in der Kategorie Sachtext. Das zeigt, dass Deine Sonderpreis-Nominierung wahr­lich ver­dient ist.« Das freut mich natür­lich sehr — aber ich bin auch eini­ger­ma­ßen bestürzt, dass die Cover von Benswerk es nicht auf die Shortlist geschafft haben. Was da dann letzt­lich nomi­niert wurde, ist, wenn auch manch­mal hand­werk­lich gut gemacht, doch sehr kon­ven­tio­nell. Offenbar braucht der durch­schnitt­li­che SF-Fan halt seine bunten Bildchen.

Jetzt sind wir gespannt, wie die Abstimmungsberechtigten und, in den Kategorien Übersetzungen und Hörspiele, die Jurys ent­schei­den. Und freuen uns, so oder so, auf die Preisverleihung im Rahmen des Elstercon vom 27. bis 29. September in Leipzig.


Donnerstag, der 28. März 2024

Zurück aus Leipzig — und schon weiß ich vor lauter Arbeit auf Desktop und Schreibtisch nicht, wo ich anfan­gen soll. Jedenfalls waren die vier Tage auf der Messe groß­ar­tig, ich habe mit vielen tollen Menschen gespro­chen, eine Menge Bücher ver­kauft und wun­der­bare Rückmeldungen über unser Programm bekom­men. Danke dafür Euch allen!

Höhepunkte gab es viele, dar­un­ter meine erste per­sön­li­che Begegnung mit unse­rem Vertreter:innenduo Susanne Opitz und Janos Gönczi, die nicht nur äußerst klug und enga­giert sind, son­dern auch umwer­fend nett; die Besuche am Stand unse­rer Mittäter:innen Lisa Kuppler, Karen Nölle und Erik Simon (siehe den letz­ten Blogpost); und Lisa hat Watchmuffins mit­ge­bracht! Das Gespräch mit dem hin­rei­ßen­den Leser:innenpaar aus Frankfurt (bitte meldet Euch!) und mit dem beein­drucken­den Auszubildenden-Trio aus der Buchhandlung Osiander in Tübingen (Ihr seid unsere Zukunft!).

Ich bin noch ganz über­wäl­tigt von den vielen tollen Begegnungen, möchte mich aber ganz beson­ders beim Carcosa-Team bedan­ken, bei unse­rer Gestalterin Ben und bei meinem Mitstreiter Hardy (der zusam­men mit mir auf dem Photo in die Kamera lächelt). Else Laudan vom Argument Verlag hat für eine gute Platzierung unse­res Standes gesorgt, Olaf Zocher und Klaus Farin vom Hirnkost Verlag haben gemein­sam mit uns den Büchertransport gestemmt. Und Linus Redies hat uns mit seiner Begeisterung ange­steckt und uns die Messe mit ande­ren Augen sehen lassen.

Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, soll aber zeigen, dass ein Verlag wie Carcosa nur als Teil eines Netzwerkes bestehen kann, als Fokus der täti­gen Aufmerksamkeit von Kreativen und Leser:innen (die Übergänge sind flie­ßend). Ich habe viel Energie und viele tolle Ideen aus Leipzig mit­ge­nom­men, blicke jetzt in Witteberge wieder von meinem Schreibtisch auf den son­nen­be­schie­ne­nen Park — und bin froh und dank­bar für alle Eure Unterstützung. Ach, wenn wir schon davon spre­chen: Habt Ihr, haben Sie auch schon unsere Bücher bestellt?


Mittwoch, der 19. März 2024

Achtung — Messetermine! Morgen geht es für mich ganz früh los nach Leipzig, mit dem ICE um 6:55 Uhr ab Wittenberge, erst den Zimmerschlüssel abho­len, ein paar Sachen ein­kau­fen (Proviant für mich, Rotwein für jeweils die letzte Stunde am Stand) und dann auf die Messe, wo hof­fent­lich schon die Bücherkisten warten und Hardy Kettlitz, der den Stand zusam­men mit mir ein­rich­tet. Wie groß­ar­tig!

Doch voher rasch noch ein Überblick über das, was Euch an kon­kre­ten Terminen bei uns am Stand (Halle 5, E505) erwar­ten:

21. März | 15:30 Uhr: Unsere Gestalterin Ben (www.benswerk.com)
22. März | 12 Uhr: Lisa Kuppler | Die Lektorin von Alan Moore (Jerusalem)
22. März | 13 Uhr: Karen Nölle | Die Übersetzerin von Urusla K. Le Guin (Immer nach Hause)
22. März | 14 Uhr: Erik Simon | Der Autor (Simon’s Fiction) und Übersetzer

Ich finde es toll, dass uns vier Gäste besu­chen, die alle für eine andere Form krea­ti­ver Tätigkeit stehen — es gibt also viel zu bere­den. Ob bei diesen Gelegenheiten oder sonst von Donnerstag bis Sonntag: Ich freue mich auf Sie und Euch …


Donnerstag, der 14. März 2024

Die Branchenpresse berich­tet über Carcosa! Vor eini­gen Wochen hat der Leipziger Journalist Nils Kahlefendt in der Wittenberger Verlegerklause vor­bei­ge­schaut, sich ange­hört, was ich über die Entstehung und Entwicklung von Carcosa zu berich­ten hatte, und als­bald für das Börsenblatt des deut­schen Buchhandels einen Beitrag ver­fasst. Das Börsenblatt ist, für alle, die damit wahr­schein­lich eher nicht ver­traut sind, die Mitgliederzeitschrift des, genau, Börsenvereins des deut­schen Buchhandels, der Standesvertretung der Buchbranche.

Carcosa ist in diesem Verein bis­lang nicht bei­getre­ten, aus Sparsamkeit natür­lich (Vereine ver­lan­gen Mitgliedsbeiträge, um anfal­lende Kosten zu decken), aber auch auf­grund eines tiefen Misstrauens gegen­über diesem doch recht brä­si­gen Zusammenschluss, der den eigent­lich unmög­li­chen Balanceakt unter­nimmt, auf der einen Seite die Verlage, auf der ande­ren den Sortimentsbuchhandel zu reprä­sen­tie­ren, Produzenten und Verkäufer also, zwei Seiten, deren Interessen natur­ge­mäß nur schwer unter einen Hut zu brin­gen sind.

Aber davon ganz unab­hän­gig habe ich mich sehr über den Besuch von Nils Kahlefendt gefreut, zumal sich dieser als kluger, freund­li­cher und gut vor­be­rei­te­ter Fragensteller erwies. Nachdem der ent­spre­chende Beitrag nun in voller Länge online zu lesen ist, ver­weise ich gerne darauf, wenn­gleich mit einem leicht mul­mi­gen Gefühl, ist es doch nicht ganz ein­fach, sich in einer pro­fes­sio­nel­len Außenbetrachtung selbst wie­der­zu­fin­den. Schüchternheit und Eitelkeit halten sich da, meine ich, die Waage.

Von Nils Kahlefendt stammt im Übrigen auch das hin­rei­ßende Bild, auf dem hinter ver­schnei­ten Bäumen die Fenster des Verlagsbüros zu sehen sind. Ja, so schön kann es in Wittenberge sein! Auch wenn ich froh bin, dass ich von meinem Schreibtisch aus inzwi­schen wieder auf eine grüne Wiese blicke, im Westen das maje­stä­ti­sche Bahnhofsgebäude im letz­ten Licht der unter­ge­hen­den Sonne. Jetzt noch ein­kau­fen, und dann geht es weiter mit der Lektüre des ersten Drittels der Druckfahnen des Mammutromans Jerusalem von Alan Moore, das bei uns in diesem Herbst erschei­nen wird. Aber dazu mehr im näch­sten Monat …


Montag, der 4. März 2024

Die März-Neuheiten sind da! Abermals ein großes Lob an unsere Druckerei Finidr — über­pünkt­lich sind diese Woche die Paletten mit den drei Büchern im Lager ein­ge­trof­fen, die unser Frühjahrsprogramm ver­voll­stän­di­gen: Schwelende Rebellion von Leigh Brackett, Das Einstein-Vermächtnis von Samuel R. Delany und In fernen Gefilden, der erste Band unse­rer Werkausgabe der großen Joanna Russ.

Mein wun­der­vol­ler Kollege Hardy Kettlitz ist bereits das ganze Wochenende beschäf­tigt, Lieferscheine und Rechnungen zu schrei­ben und dafür zu sorgen, dass alle vor­be­stell­ten Bücher mög­lichst bald an unsere Privatkund:innen, an die Buchhandlungen und an die Zwischenhändler ver­schickt werden.

Parallel dazu küm­mere ich mich — neben dem Übersetzen und dem Lektorieren — um die Vorbereitungen, die für unse­ren Messestand in Leipzig anfal­len. Das ist viel Kleinkram, aber ich freue mich schon sehr darauf, einmal wieder diese beson­dere Atmosphäre schnup­pern zu dürfen … und vor allem mit mög­lichst vielen von Euch und Ihnen zu spre­chen.

Wir werden mit dem kom­plet­ten Programm von Carcosa und Memoranda in Halle 5 (E 505) sein, zehn Bücher von Carcosa und ziem­lich genau fünf­zig (!) von Memoranda. Solange der Vorrat reicht, sind die Bücher am Stand käuf­lich zu erwer­ben oder, aus erschie­ne­nen und künf­ti­gen Programmen, (vor)bestellbar. Kommt vorbei, outet Euch als Phantastik-Interessierte und Leser:innen unse­rer Bücher, sagt ein­fach Hallo — Ihr seid uns sehr will­kom­men!

Und ein kurzer Bogen zurück zum Anfang: Mit den ein­ge­trof­fe­nen Neuheiten sind jetzt, wie gesagt, zehn Carcosa-Bücher erhält­lich — natür­lich der ideale Zeitpunkt, um direkt zu bestel­len und sicher­zu­ge­hen, dass alles noch vor der Buchmesse ein­trifft. Wie immer in dem Sinne: Unterstützt unab­hän­gige Verlage!


Donnerstag, der 15. Februar 2024

Weitere Werke von Ursula K. Le Guin — die Tinte unter den (elek­tro­ni­schen) Verträgen ist trocken, ich kann es also bekannt­ge­ben: Bei Carcosa werden im Laufe dieses und des näch­sten Jahres zwei wei­tere Bücher von Ursula. K. Le Guin erschei­nen, eine Neuausgabe und eine dt. Erstausgabe! Immer nach Hause war in unse­rem ersten Programm ein großer Erfolg, und so freut es mich beson­ders, dass ich die im S. Fischer Verlag begon­nene Folge von Werken dieser wun­der­vol­len Autorin fort­set­zen kann.

Unter Le Guins SF-Romanen nimmt The Lathe of Heaven eine Sonderstellung ein: Er gehört keiner Serie an und ist auch in erzäh­le­ri­scher Hinsicht unge­wöhn­lich, denn ich hatte bei der erneu­ten Lektüre die ganze Zeit den Eindruck, in einen über­ra­schend stil­si­che­ren Text von Philip K. Dick hin­ein­ge­ra­ten zu sein. Außerdem ist dieses erst­mals 1971 erschie­nene Buch mit seiner im Hintergrund auf­schei­nen­den Darstellung einer unter kras­sen Umweltschäden lei­den­den Welt bestür­zend aktu­ell.

Bei Lavinia dage­gen, das bisher noch nicht auf Deutsch vorlag, han­delt es sich um einen meta­fik­tio­na­len Roman, in dem Le Guin einer Nebenfigur aus Vergils Aeneis, die dort, trotz ihrer großen Bedeutung für den Handlungsverlauf, nur eine Nebenrolle spielt, eine Stimme gibt: Eine bis­lang stumme Gestalt wird zur Erzählerin einer fes­seln­den Geschichte aus einem völlig neuen Blickwinkel. Nach kaum zwan­zig Seiten hatte ich voll­stän­dig ver­ges­sen, dass ich ein Buch las, son­dern lauschte auf­merk­sam einer ebenso selbst­be­wuss­ten wie klugen Frau, die ihr Leben erzählt.

Ursula K. Le Guin ist für mich — und nicht nur für mich — eine der bedeu­tend­sten Schriftstellerinnen unse­rer Zeit. Ihr Werk, das schon zu ihren Lebzeiten Generationen von Leser:innen beein­druckte und begei­sterte, ent­fal­tet der­zeit eine unge­ahnte Breitenwirkung auch außer­halb der phan­ta­sti­schen Genres. Es macht mich stolz und glück­lich, zwei wei­tere Romane in deut­scher Sprache publi­zie­ren zu dürfen.


Dienstag, der 6. Februar 2024

Universum der Behaglichkeit — unter diesem Titel hat Hartmut Kasper für den Deutschlandfunk die beiden Kurzromane um Dex und Helmling von Becky Chambers bespro­chen. Und nach­dem ich an dieser Stelle vor eini­ger Zeit recht miss­mu­tig auf eine (eben­falls weit­ge­hend posi­tive) Rezension eines Carcosa-Buches reagiert habe, möchte ich nun meiner Begeisterung Ausdruck ver­lei­hen: Ich halte das, was da vor zwei Tagen am 4. Februar in der Sendung Büchermarkt aus­ge­strahlt wurde und im Archiv des DLF zu hören ist, für gera­dezu muster­gül­tig.

Kasper setzt sich nicht nur fein­füh­lig mit dem Inhalt des Doppelromans aus­ein­an­der, er stellt das Werk fun­diert in den Kontext der Science Fiction im Besonderen und der Literatur im Allgemeinen. Er erfasst, dass es sich dabei um eine »aus der Pandemie gebo­rene Glücksphantasie« han­delt, setzt sich mit dem Problem der Neo-Pronomen aus­ein­an­der und stellt zum Schluss die durch­aus berech­tigte Frage: »Streift die Harmlosigkeit der Handlung, die Unversehrtheit von Mensch und Natur, die hier zu bestau­nen ist, diese Erzählung, die auch noch als Psalm und Gebet titu­liert wird, nicht gele­gent­lich den Kitsch?«

Um dann aus­zu­füh­ren: »Ja. Mag sein. Gelegentlich. Aber man nimmt es diesem leicht­her­zi­gen, damit wie aus der Zeit gefal­le­nen Roman nicht übel. Man hat Utopien wie diese als Hope Punk bezeich­net und das Konzept der sich nicht unbe­dingt sexu­ell anein­an­der­bin­den­den, aber fin­den­den Figuren als Found Family. (…) Und wo könnte man sich siche­rer fühlen als im Ochsenbike auf phan­ta­sier­ten Monden unter­wegs mit dem Roboter seines Lebens?«

Ich emp­fehle sehr, sich in Ruhe den ganzen Beitrag anzu­hö­ren. Und wün­sche mir wei­tere solche kluge, kri­ti­sche Texte, die sich mit dem aus­ein­an­der­set­zen, was wir und andere Verlage für den Buchmarkt aus­wäh­len …


Freitag, den 26. Januar 2024

Save the Date. Carcosa & Memoranda sind vom 21. bis 24. März 2024 auf der Leipziger Buchmesse! Gestern kam die Bestätigung mit unse­rer Standnummer: Wir werden im Umfeld der unab­hän­gi­gen Verlage in Halle 5 sein, Standnummer E505 — ein­fach zu merken, oder? Halle 5, E505.

Ein wenig ist das auch ein Déjá-vu. Mehrere auf­ein­an­der­fol­gende Jahre war ich als Golkonda-Verleger in Leipzig, eben­falls mit einem Kleinststand (2 x 2 Meter), anfangs noch in der Fantasy-Halle, dann bei den Publikumsverlagen gegen­über der Hobbit Presse bei Klett-Cotta.

Dieses Mal haben wir beschlos­sen, uns dort zu plat­zie­ren, wohin wir gehö­ren: zu den Independents. Schräg gegen­über ist der Hamburger Argument Verlag (danke, Else!), mit dem ich schon lange freund­schaft­lich ver­bun­den bin, und in Rufweite sind so tolle Verlage wie Alexander, Edition Natulius, Orlanda, Unrast und die VSA.

Also: Erzählt es weiter, besucht uns auf einen Plausch (bringt Getränke mit). Memoranda-Verleger Hardy Kettlitz wird ab und an vor­bei­schauen, ebenso unsere Gestalterin Ben, und Le-Guin-Übersetzerin Karen Nölle hat sich ange­sagt — kurz vor der Messe werde ich hier einen Terminplan posten. Ich freue mich sehr, Euch alle zu sehen! Leipzig, here we come …


Montag, den 15. Januar 2024

Zwei neue Bücher von Becky Chambers! Als ich vor eini­gen Jahren, 2015 muss das gewe­sen sein, einen groß­ar­ti­gen Roman mit dem wun­der­vol­len Titel A Long Way to a Small Angry Planet von einer damals noch völlig unbe­kann­ten Autorin las, hätte ich mir nicht träu­men lassen, dass ich einmal etwas von eben­die­ser Autorin würde in meinem eige­nen Verlag publi­zie­ren dürfen — doch jetzt ist es soweit: Mit Ein Psalm für die wild Schweifenden und Ein Gebet für die acht­sam Schreitenden sind soeben die beiden Bände des Doppelromans Dex & Helmling erschie­nen.

Und wie schön sie gewor­den sind! Um diesen Texten gerecht zu werden, haben wir uns ein beson­de­res Format aus­ge­sucht, etwas klei­ner als unsere Paperbacks, dafür fest gebun­den, mit Fadenheftung und Lesebändchen. Auch die Covergestaltung ist etwas anders, besteht bei glei­cher Typographie aus einem vier­far­bi­gen, schmuck­lackier­ten Mandala (danke, Ben!), und innen ein diesem Format ange­pass­ter Satzspiegel, der den Augen schmei­chelt (danke, Hardy!).

Und wie ange­kün­digt sind diese Bücher pünkt­lich zur Monatsmitte (danke, Hardy!) bei uns erhält­lich. Alle Vorbestellungen werden der­zeit ver­schickt, und auch die großen Pakete an die Zwischenhändler sind unter­wegs, sodass die Buchhandlungen vor Ort wie auch der Internethandel bald bestückt sein soll­ten.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal daran erin­nern, dass diese Werke zwar von Becky Chambers ver­fasst wurden, wir sie aber auf Deutsch in der Fassung von Karin Will lesen, die sie mit großer Feinfühligkeit über­setzt hat (danke, Karin!). Es han­delt sich um zwei mit­ein­an­der ver­knüpfte, ebenso kluge wie opti­mi­sti­sche Erzählungen, wie wir sie in diesen Zeiten gut gebrau­chen können.

Wir freuen uns auf und über Eure Bestellungen, und wir freuen uns auf und über Eure Rückmeldungen!


Mittwoch, den 10. Januar 2024

»Versuchsballon, gefüllt mit Qualität und Hoffnung« — unter dieser Schlagzeile hat Michael Drewniok auf der Phantastik-Couch unse­ren ersten Almanach Vor der Revolution bespro­chen. Über diese aus­führ­li­che und begei­sterte Rezension habe ich mich sehr gefreut, denn in dem Almanach steckt eine Menge Arbeit und Herzblut, und ich hoffe, dass wir mit­tel­fri­stig eine zweite Folge werden publi­zie­ren können. Ein paar Ideen habe ich schon, aber ein paar Dinge möchte ich auch anders und besser machen, und vorher möchte ich mir noch ein wenig den Kopf zer­bre­chen.

Doch darum soll es in dem heu­ti­gen Blogpost nicht gehen. Vielmehr merkte ich, als ich die Rezension ein zwei­tes und drit­tes Mal las, dass mir daran auch einige Dinge so gar nicht behag­ten, was wahr­schein­lich nur bedingt an eben­die­sem Text liegt, son­dern viel­mehr an bestimm­ten Reaktionen auf das Carcosa-Programm all­ge­mein, mit denen ich mich nicht so rich­tig wohl­fühle.

Ich glaube, mich stört ganz grund­le­gend, dass viele Menschen ab einem gewis­sen Alter (ich kann mich da nicht ganz aus­schlie­ßen) dazu neigen, pau­schal zu behaup­ten, früher sei alles besser gewe­sen. Im ersten Absatz der vor­lie­gen­den Rezension bezeich­net sich Michael Drewniok indi­rekt gleich als »alt­ge­dien­ter Leser und des­halb viel­ge­prüf­ter Zyniker«. Hm. Dann wird den Carcosa-Schaffenden unter­stellt, ihr Programm »im Wissen darum, dass man das Publikum einer Star Wars-gepräg­ten Dumm-Bumm-SF wohl nicht errei­chen wird«, zu gestal­ten. Hm. Dann ist da von einem Genre-Mainstream die Rede, »der sich um in ihrer Freizeit offen­sicht­lich schlag­ar­tig hirn­freie Leser küm­mert«. Hm. Von Endlosserien, die »in den heut­zu­tage domi­nie­ren­den Abverkaufsstationen — Buchläden gibt es prak­tisch nicht mehr — ver­klappt werden«. Hm. Und schließ­lich davon, dass eine »träge Leserschaft nicht in aus­rei­chen­der Zahl Geld für unge­wöhn­li­che Phantastik aus­ge­ben« will. Hm.

Das sind jetzt eine ganze Menge Hms, die ich viel­leicht erklä­ren sollte. Ich bin mit­nich­ten der Meinung, dass heu­tige Leser:innen in kargen Zeiten leben. Noch nie war es, dank Internet und auch dank vieler anti­qua­ri­scher Anbieter, so ein­fach, in einer rie­si­gen Auswahl deutsch- und eng­lisch­spra­chi­ger Phantastik zu stö­bern und diese, oft sogar recht preis­gün­stig, zu erwer­ben. Wenn Leser:innen als faul und dumm abge­ur­teilt werden, klingt mir das immer sehr nach bil­dungs­bür­ger­li­chem Eigenlob, als dürfe nur gele­sen werden, um sich fort­zu­ent­wickeln. Und »früher« (wann auch immer das gewe­sen sein mag) mögen Buchhandlungen zwar viel gebo­ten haben, aber bestimmt keine SF/Fantasy — die war schön den bera­tungs­gfreien »Abverkaufsstationen« im Bahnhofs- und Zeitschriftenhandel vor­be­hal­ten.

Wobei ich nicht falsch ver­stan­den werden möchte: Ich kann eine gewisse Sehnsucht nach Bücherkäufer:innen, die von ihrer Lektüre her­aus­ge­for­dert werden möch­ten, durch­aus ver­ste­hen. Aber ich bemühe mich, meine eige­nen Vorlieben mög­lichst nicht zu ver­all­ge­mei­nern, um anschlie­ße­nend über Andersdenkende und Anderslesende zu urtei­len. Natürlich ist das Carcosa-Programm von dem geprägt, was Hardy Kettlitz und ich mögen. Aber ich würde mir wün­schen, sub­jek­tive Begeisterung käme öfter auch ohne die Abwertung ande­rer Geschmäcker aus, dann wäre sie glaub­wür­di­ger.

Besonders geschmerzt (und auf­ge­bracht) hat mich Michael Drewnioks Äußerung über den im Almanach ent­hal­te­nen Essay von Dietmar Dath. Denn dieser, so schreibt er, sei »das Paradebeispiel für eine Informationsvermittlung, die in einem Wust fach­be­griff­lich über­frach­te­ter, schwur­be­li­ger Formulierungen ver­sackt sowie neben der Allgemeinverständlichkeit einen roten Faden ver­mis­sen lässt« und für »ein­schlä­gig vor­ge­bil­dete Akademiker« geschrie­ben. Diese Bemerkungen zeigen, dass der Rezensent sich für jeman­den hält, der für die gol­dene Mitte dessen steht, was lesens­wert ist. Alles, was ihm zu dumm ist, ist zu dumm, alles, was ihm zu hoch ist, ist ver­schwur­belt und aka­de­misch.

Und damit sind wir bei einem Grundproblem, das vor allem viele Kundenrezensionen bei ein­schlä­gi­gen Internethändlern so schwer ver­träg­lich macht, gegen das aber auch Rezensent:innen mit einem gewis­sen Anspruch nicht gefeit sind: die Unfähigkeit, nicht auto­ma­tisch von der eige­nen Meinung auf das Allgemeingültige zu abstra­hie­ren. Und damit meine ich: Es ist völlig in Ordnung, etwas doof zu finden; es ist kurz­sich­tig und über­heb­lich, daraus zu fol­gern, dass etwas doof ist.

Ich möchte ganz bestimmt nicht behaup­ten, dass mir dieser Fehler nicht selbst viel zu oft unter­läuft. Und ich hoffe, es ent­steht auch nicht der Eindruck, ich wolle einen bestimm­ten Rezensenten an den Pranger stel­len — ganz im Gegenteil! Ich hoffe, dass Michael Drewniok noch viele Carcosa-Bücher liest und ebenso viel Vergnügen an ihnen findet wie an dem Almanach. Aber ich wün­sche mir ein­fach ein wenig mehr Differenzierungsvermögen, gerade bei Rezensenten, die ihr Publikum dank ihres Alters an einer weit­läu­fi­gen Belesenheit teil­ha­ben lassen können. Schließlich publi­zie­ren wir nicht des­halb so viele Klassiker bei Carcosa, weil in frü­he­ren Zeiten grund­sätz­lich bes­sere Bücher erschie­nen wären. Uns kommt es (unter man­chem ande­ren) darauf an, die lite­ra­ri­schen Ozeane aus­zu­lo­ten, auf denen jene Autor:innen schwim­men, die heute die tollen Bücher schrei­ben. Wir möch­ten ein fun­dier­tes Wechselgespräch zwi­schen den Autor:innen von gestern und von heute ermög­li­chen.

Und des­halb bemü­hen wir uns um voll­stän­dige, dem jewei­li­gen Werk in seiner Individualität ange­mes­sene Übersetzungen in gefäl­li­ger Ausstattung. Und hoffen auf Eure fort­wäh­rende Unterstützung in Form von wohl­wol­len­den Bestellungen


Montag, der 1. Januar 2024

Ein frohes neues Jahr! Das wün­sche ich allen, die in den letz­ten zwei Jahren tat­kräf­tig und gedul­dig dazu bei­getra­gen haben, dass Carcosa im Oktober 2023 mit fünf Büchern an den Start gehen konnte, an aller­er­ster Stelle natür­lich dem Memoranda-Verleger Hardy Kettlitz, ohne den dieser Traum eben­das geblie­ben wäre — ein Traum. Aber auch allen ande­ren, die durch ihre Arbeit an Texten und Umschlägen (danke, Ben!) aus Plänen gedruck­tes Papier (oder das Äquivalent in Pixel-Form) gemacht haben.

Aber heute will ich nicht so sehr über die Anfänge spre­chen, son­dern viel­mehr über — die Fortsetzung! Denn vor weni­gen Minuten habe ich unsere zweite Vorschau ins Netz gestellt, die über unsere fünf Frühjahrs-Novitäten infor­miert. Bei zwei dieser Neuheiten han­delt es sich um wei­tere Bände von Autor:innen, die bereits in unse­rem ersten Programm ver­tre­ten waren: Schwelende Rebellion von Leigh Brackett ent­hält drei klas­si­sche Planetenabenteuer aus der Hochzeit des Pulp Magazins, genau, Planet Stories; und mit Das Einstein-Vermächtnis legen wir eine wei­tere Neuübersetzung aus dem mei­ster­haf­ten Frühwerk von Samuel R. Delany aus der Feder von Jakob Schmidt vor.

In fernen Gefilden von Joanna Russ wie­derum ist der Auftakt unse­rer drei­bän­di­gen Werkauswahl einer Autorin, die es hier­zu­lande in ihrer ganzen Vielfalt erst noch zu ent­decken gilt. Diese drei Bücher erschei­nen im kom­men­den März, wäh­rend die beiden neuen Bände von Becky Chambers, Ein Psalm für die wild Schreitenden und Ein Gebet für die acht­sam Schreitenden, bereits Mitte Januar, also in rund zwei Wochen erhält­lich sein werden. Und natür­lich bereits vor­be­stell­bar sind.

In diesem Sinne: Auch all jenen, die uns durch den Kauf unse­rer Bücher unter­stüt­zen, die aller­or­ten (meist vir­tu­ell) über sie spre­chen oder neu­gie­rig auf dieser Internetseite vor­bei­schauen, ein gesun­des und glück­li­ches neues Jahr. Dankeschön. Auf ein Jahr 2024 voller groß­ar­ti­ger Leseabenteuer!


Sonntag, den 17. Dezember 2023

Ein Lob dem Buchhandel! Seit rund fünf Jahrzehnten (plus minus ein paar Zerquetschte) üben Buchhandlungen auf mich eine gera­dezu magi­sche Wirkung aus. Welche Stadt ich auch besu­che, ich finde mit traum­wand­le­ri­scher Sicherheit jene Orte, wo es neue oder, was bei­nahe noch fas­zi­nie­ren­der ist, anti­qua­ri­sche Bücher zu kaufen gibt. Dabei musste ich, als ich 1998 nach Berlin gezo­gen bin, schmerz­haft mit­er­le­ben, wie die klei­ne­ren, von ihren Inhaber:innen geführ­ten Buchläden immer weni­ger und die nach vor­ge­ge­be­nen Strickmustern gestal­te­ten Filialen der großen Ketten immer mehr wurden.

Umso erfreu­ter bin ich des­halb, wenn ich sehe, dass auch die Buchhändler:innen, die in diesen Filialen arbei­ten, die dort exi­stie­ren­den Freiräume zu nutzen wissen und das Angebot über das hinaus, was das Zentrallager vor­gibt, erwei­tern. Und gestern bin ich auf ein Beispiel dieses krea­ti­ven Einsatzes für ein mög­lichst brei­tes Buchangebot gesto­ßen, das mein Herz höher schla­gen ließ.

Denn in der großen und vor­weih­nacht­lich ram­mel­vol­len Thalia-Filiale in der Hamburger Europapassage besteht knapp die Hälfte der Science-Fiction-Auslage aus … Carcosa-Büchern. Das kom­plette erste Programm ist dort gesta­pelt! Was einem klei­ne­ren Wunder gleich­kommt, wird doch um die Angebotsfläche in den Buchriesen mit harten Bandagen (und viel Geld) gekämpft. Einen ganz herz­li­chen Dank an die dort zustän­di­gen Kolleg:innen! Wer also in Hamburg zu Hause ist und sich unsere Bücher einmal näher anschauen möchte, wird dort fündig.

Wobei ich natür­lich nicht ver­ges­sen möchte zu erwäh­nen, dass Berliner:innen es da grund­sätz­lich ein­fa­cher haben: Ihnen prä­sen­tiert die legen­däre Otherland Buchhandlung in Kreuzberg die ganze Bandbreite an phan­ta­sti­scher Literatur mit aller­be­ster Beratung, und dar­un­ter natür­lich auch alles, was bei Carcosa erschie­nen ist und erscheint. Der Laden steht völlig zu Recht inzwi­schen in fast jedem Reiseführer, und auch spo­ra­di­schen Berlin-Besucher:innen sei er wärm­stens ans Herz gelegt.

Wer unsere Bücher noch an ande­ren Orten ent­deckt — bitte schickt uns Fotos, dann stelle ich hier bei näch­ster Gelegenheit eine Galerie zusam­men. Damit ich nicht nur im Vorweihnachtsrummel dar­über infor­mie­ren kann, wo es sich beson­ders lohnt, eine Buchhandlung auf­zu­su­chen …


Montag, den 11. Dezember 2023

Aktueller denn je! Ist laut Dietmar Dath der Roman Babel-17 von Samuel R. Delany, der vor knapp zwei Monaten bei Carcosa erschie­nen ist. In der heu­ti­gen Ausgabe der FAZ steht unter der Schlagzeile Ungeahnte Fähigkeiten: Was kann KI, was wir nicht können? unter ande­rem: »Wer Deutsch liest, durfte dieses Jahr ein altes Wissen wie­der­fin­den, das nie zeit­ge­mä­ßer war als gerade jetzt: Der neu gegrün­dete Kleinverlag Carcosa brachte im Oktober eine Neuübersetzung des Romans Babel-17 des Schriftstellers und Literaturwissenschaftlers Samuel R. Delany aus dem Jahr 1966 heraus.«

Besonders freut mich, dass auch die Arbeit von Übersetzer Jakob Schmidt aus­drück­lich gelobt wird. Delany ins Deutsche zu brin­gen ist eine ziem­li­che Herausforderung, und ich schätze mich glück­lich, dafür einen ebenso klugen wie viel­sei­ti­gen Mitstreiter gefun­den zu haben.

Erst gestern habe ich die Neuübersetzung von The Einstein Intersection mit meinen Änderungsvorschlägen und Lektoratsanmerkungen an Jakob gemailt — das Buch wird im März unter dem Titel Das Einstein-Vermächtnis bei uns erschei­nen (eigent­lich müsste es auf Deutsch »Der Einstein-Schnittpunkt« heißen, aber das klingt viel­leicht doch ein wenig zu merk­wür­dig).

Und wenn wir gerade über Samuel R. Delany spre­chen (der hier, mit freund­li­chem Dank an die Wikipedia, abge­bil­det ist, und nicht etwa Jakob Schmidt): Dietmar Dath hat ihm bereits im April letz­ten Jahres zum 80. Geburtstag gra­tu­liert, ihn als »einen der bedeu­tend­sten Science-Fiction-Autoren und ein Pionier des Afrofuturismus« bezeich­net und seine beiden Hauptwerke Dhalgren und Through The Valley of the Nest of Spiders her­aus­ge­stellt.

An einer Neuausgabe von Dhalgren arbei­ten wir bereits, und zwar gemein­sam mit der Übersetzerin der deut­schen Erstausgabe, Annette von Charpentier, dank der nicht nur ich dieses Mammutwerk in jungen Jahren lesen konnte. Und Through The Valley of the Nest of Spiders … werde ich hof­fent­lich selbst über­set­zen dürfen, wenn die finan­zi­el­len Rahmenbedingungen uns das irgend­wann erlau­ben (pro­jekt­spe­zi­fi­sche Spenden sind aus­drück­lich erwünscht).

Deshalb: Unterstützt uns mit Direktbestellungen, wir brin­gen dafür tolle Bücher auf den Weg .…


Montag, den 4. Dezember 2023

Beste Laune! Genau das herrscht in den hei­li­gen Hallen von Carcosa (in Wittenberge) und Memoranda (in Berlin). Was ver­schie­dene Gründe hat. Wie ich beim letz­ten Mal geschrie­ben habe, wurde Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin in der ARD-Sendung Druckfrisch vor­ge­stellt. Daraufhin sind offen­bar eine Menge Menschen neu­gie­rig gewor­den und haben das Buch bestellt. Inzwischen ist ziem­lich genau die Hälfte der Erstauflage ver­kauft, und das bedeu­tet, auch dank unse­rer spar­sa­men Kalkulation und nicht vor­han­de­nen Gewinnorientierung, dass nicht nur dieses Buch, son­dern das erste Carcosa-Programm ins­ge­samt seine Kosten ein­ge­spielt hat.

Und es bedeu­tet auch, das wir eini­ger­ma­ßen ent­spannt in die Zukunft blicken und die näch­sten Programme planen können. Zwischen neun und zehn Bücher sollen bei Carcosa 2024 erschei­nen, und da kommt eini­ges an Kosten auf uns zu. Am auf­wän­dig­sten dar­un­ter wird ein­deu­tig die deut­sche Erstausgabe des Riesenromans Jerusalem von Alan Moore, ein Werk jen­seits der zwei­tau­send Manuskriptseiten und eines der wun­der­bar­sten und ver­stö­rend­sten Bücher, die ich je gele­sen habe. Und wenn wir schon einmal bei Alan Moore sind (hier bitte laute, dra­ma­ti­sche Musik ein­spie­len) …

Morgendlicher Ausblick vom Verlagsschreibtisch

Die Farbe auf den Lizenzverträgen ist trocken, also kann ich jetzt auch öffent­lich dar­über spre­chen: Carcosa hat die Rechte an Alan Moores neuer Serie Long London erwor­ben, ein fünf­bän­di­ges phan­ta­sti­sches Romanepos, das ab Herbst 2024 im eng­li­schen Original und ab Herbst 2025 bei uns auf Deutsch erschei­nen wird. Der erste Band ist ein Ausflug ins London der Nachkriegszeit, wo ein junger Mann, der am Leben eigent­lich bereits genug zu tragen hat, mit einer Welt jen­seits unse­rer Realität kon­fron­tiert wird, einem zwei­ten London, in dem uralte Magier herr­schen und unsere Naturgesetze außer Kraft gesetzt sind.

Mich hat das Vorabmanuskript völlig umge­hauen, und auch wenn ich weiß, dass ich Moore im Laufe der Übersetzungsarbeit (wie bei Jerusalem im Übrigen auch) viel­fach ver­flu­chen werde — Long London ist lite­ra­ri­sche Phantastik vom Feinsten! Hier brennt ein Meister seines Fachs für seine Geschichte, für seine Figuren, für jeden ein­zel­nen Satz. Dieses Serie wird, so hoffe ich, im Laufe der näch­sten Jahre das Rückgrat von Carcosa bilden. Und wenn alles so läuft, wie wir uns das erhof­fen, gibt es noch drei wei­tere Moore-Bücher, deren wir uns anneh­men möch­ten.

Deshalb: Bitte unter­stützt uns, indem Ihr unsere Bücher bestellt und vor­be­stellt. Wir werden es Euch mit einem ein­zig­ar­ti­gen Verlagsprogramm danken …


Sonntag, den 19. November 2023

Carcosa im Ersten! Selten hat mich eine Nachricht in Zusammenhang mit Carcosa so elek­tri­siert wie die Mail, die ich ver­gan­ge­nen Mittwoch von Le Guin-Übersetzer Matthias Fersterer erhal­ten habe. Die Betreffzeile dieser Mail lau­tete: Jetzt also doch: Druckfrisch.

Büchermacher:innen und auch viele Bücherfreund:innen wissen, dass die ARD-Sendung Druckfrisch ver­gleich­bare Formate, die sich im Fernsehen mit Literatur beschäf­ti­gen, an Unterhaltungswert und Publikumswirksamkeit weit über­trifft. Autor und Moderator Denis Scheck ver­leiht dort immer wieder auch seiner Begeisterung für die phan­ta­sti­schen Genres Ausdruck. Und heute Abend spricht er über Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin!

Bild: ARD

Vor ziem­lich genau einem Vierteljahr habe ich Denis Scheck eine Mail geschrie­ben, in der ich ihn über das erste Programm von Carcosa infor­mierte. Seine Antwort, die inner­halb weni­ger Minuten ein­traf, lau­tete ebenso prä­gnant wie erfreu­lich: »Glückwunsch zu diesem muti­gen Schritt! Always Coming Home ist ein Favorit von mir …« Seither haben wir immer mal wieder indi­rekt mit­be­kom­men, dass Scheck auf der Frankfurter Buchmesse und bei ande­ren Veranstaltungen für uns, wie er es aus­drückt, »ein wenig harft«.

Darüber und über die Buchvorstellung heute Abend ab 23:35 Uhr im Ersten (oder hier in der ARD-Mediathek) freuen wir uns , vor­sich­tig aus­ge­drückt, sehr! Das ist ein bedeu­ten­der Beitrag zu unse­ren Bemühungen, diese kluge und unbe­stech­li­che Autorin im deutsch­spra­chi­gen Raum noch bekann­ter zu machen — und es wird natür­lich auch dafür sorgen, dass Immer nach Hause im Besonderen und das Carcosa-Programm im Allgemeinen auf dem Buchmarkt prä­sen­ter wird. Für einen Kleinverlag mit einem doch sehr über­sicht­li­chen Werbebudget ist das ein Segen.

Ach ja, und was eine wei­tere Nachricht berifft, die mich elek­tri­siert hat — diese hängt mit dem bri­ti­schen Roman- und Comicautor Alan Moore zusam­men, der gestern sieb­zig Jahre alt gewor­den ist und dessen Opus magnum kom­men­den Herbst bei Carcosa erschei­nen wird. Aber dar­über mehr in einer Woche. Für heute erst einmal: Habt Ihr Immer nach Hause denn schon bestellt? Die Erstauflage ist bestimmt bald ein gesuch­tes Sammlerstück 😉

Sonntag, den 12. November 2023


On the road! Am ver­gan­ge­nen Mittwoch und Donnerstag durfte ich an zwei Abenden in Berlin das Carcosa-Programm vor­stel­len, und zwar zusam­men mit Matthias Fersterer, Hardy Kettlitz und Karen Nölle in der Buchhandlung Otherland und zusam­men mit Hardy Kettlitz und Karen Nölle im SF-Club Andymon. Beide Veranstaltungen waren »aus­ver­kauft«, sofern sich das bei freiem Eintritt sagen lässt, und eines der zen­tra­len Themen war jedes Mal das Übersetzen von Literatur — kein Wunder, bil­de­ten Matthias Fersterer und Karen Nölle doch zusam­men mit Helmut W. Pesch das Trio, das Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin ins Deutsche über­tra­gen hat.

Da passte es natür­lich gut, dass ich mir zuvor am Mittwoch noch die Zeit genom­men habe (und Zeit habe ich gerade denk­bar wenig), um auf der Carcosa-Homepage alle »unsere« Übersetzer:innen auf einer geson­der­ten Seite vor­zu­stel­len. Noch immer ist es vielen Leuten nicht bewusst, dass ein ganzer Berufsstand unzäh­lige Arbeitssstunden, Arbeitswochen und Arbeitsmonate — manch­mal sogar Jahre — auf­wen­det, damit wir lite­ra­ri­sche oder andere Texte lesen können, deren Originalsprache wir nicht mäch­tig sind.

Karen Nölle und Hannes Riffel auf dem Berliner Metropol Con im Mai 2023

Darüber haben Karen Nölle und ich in diesem Jahr schon auf dem Metropol Con gespro­chen (wie hier nach­zu­hö­ren ist), wo wir die Übersetzung von Immer nach Hause erst­mals vor­stell­ten, und dieses Thema wird uns auch noch länger beschäf­ti­gen. Erst letzte Woche erhielt ich die Mail eines befreun­de­ten, von mir sehr geschätz­ten Literaturübersetzers, der mir mit­teilte, dass er den Beruf wech­seln werde, da er fest damit rech­net, dass Verlage unse­res­glei­chen künf­tig durch KIs erset­zen würden, und er habe so gar keine Lust, dem­nächst maschi­nell erstellte Texte zu redi­gie­ren.

Auch wenn uns dieses Szenario hof­fent­lich nicht allzu bald ber­vor­steht, folgt es doch der Logik rein kapi­ta­li­sti­schen Denkens, mit mög­lichst wenig Aufwand einen mög­lichst großen Ertrag zu erwirt­schaf­ten. Dass dabei eine Vielfalt von Qualitäten auf der Strecke bleibt, welche sich den Fähigkeiten, Erfahrungen und Emotionen von Menschen ver­dankt, die mit Leidenschaft einer Tätigkeit nach­ge­hen, dass dabei immer noch mehr Leute in Jobs gedrängt werden, die selbst mit dem klas­si­schen Begriff der ent­frem­de­ten Arbeit nur noch unzu­rei­chend beschrie­ben sind — das inter­es­siert die Damen und Herren in den Entscheidungsgremien offen­bar über­haupt nicht.

Womit wir wieder bei der Frage wären, warum wir, von der reinen Subsistenz abge­se­hen, das machen, was wir machen. Und ob wir uns noch weiter in die Abhängigkeit von Technologien bege­ben möch­ten, die uns immer voll­stän­di­ger in die­nende Funktionen zwin­gen, wo Kreativität und künst­le­ri­sches Wirken nicht einmal mehr als Spurenelemente vor­han­den sind. Ich schätze mich jeden­falls äußert glück­lich, mit krea­ti­ven, künst­le­risch hoch­be­gab­ten Menschen zusam­men­ar­bei­ten zu dürfen. Und hoffe, dass die Begeisterung, mit der so viele Leute an der Entstehung unse­rer Bücher teil­ha­ben, auch auf die Leser:innen über­springt …


Sonntag, den 5. November 2023

Was mich sonst so umtreibt! Vergangenen Mittwoch habe ich eine Veranstaltung im Hamburger Literaturhaus besucht, die mich sehr beein­druckt hat, aus per­sön­li­chen wie aus inhalt­li­chen Gründen. An diesem Abend wurde die neue Buchreihe rororo ent­deckun­gen vor­ge­stellt, in der die beiden Herausgeberinnen Magda Birkmann und Nicole Seifert pro Halbjahr drei »Romane bemer­kens­wer­ter, aber bereits ver­ges­se­ner Autorinnen aus dem zwan­zig­sten Jahrhundert« prä­sen­tie­ren, in schö­ner Taschenbuchausstattung und mit klugen Nachworten ver­se­hen.

Da meine Liebste Sünje Redies diese Reihe bei Rowohlt als Lektorin betreut, war ich dabei von Anfang an via Schulterblick invol­viert, habe mit Begeisterung alle Bücher gele­sen und durfte auch, worauf ich sehr stolz bin, das Vorwort von James Balwin zu Eine Tochter Harlems über­set­zen. Alle drei Bücher schil­dern auf sehr prä­gnante Weise, wie es Frauen zu ver­schie­de­nen Zeiten ergan­gen ist (und immer noch ergeht) und ver­bin­den äußerst gelun­gen unter­halt­sa­mes Erzählen mit poli­ti­schem Anspruch.

Bei der Auswahl des Carcosa-Programms legen wir eben­falls großen Wert darauf, Autor:innen zu publi­zie­ren, die für eine Vielfalt von Themen und Lebensentwürfen stehen. Das läuft nicht auf eine irgend­wie gear­tete Quote hinaus, aber ich freue mich zum Beispiel dar­über, dass in unse­rem ersten Programm, neben dem Almanach, zwei Bücher von Frauen und zwei von Männern ent­hal­ten waren, und im kom­men­den Frühjahr ist das Verhältnis sogar 4 zu 1.

Ebenso ist es eine ganz bewusste Entscheidung, einer dezi­diert femi­ni­sti­schen Autorin wie Joanna Russ eine Werkausgabe zu widmen. So wenig wir das wahr­ha­ben wollen, ist unser Blick auf Bücher (bei­leibe nicht nur auf diese, aber darum geht es hier) noch immer stark von Vorurteilen geprägt, die unsere Erwartungen und unsere Werturteile beein­flus­sen. Dazu Gegengewichte zu schaf­fen, ist uns ein Anliegen und ein Vergnügen!

In diesem Sinne — schaut doch mal in Eurer Stammbuchhandlung vorbei und fragt nach den rororo ent­deckun­gen und dem Carcosa-Programm. Vielleicht ist dort ja noch Platz für ein paar außer­ge­wöhn­li­che Bücher …


Sonntag, den 29. Oktober 2023

Wie’s wei­ter­geht! Nach den Neuerscheinungen ist natür­lich immer auch vor den Neuerscheinungen, wes­halb ich hier einen kurzen Überblick geben möchte, woran wir gerade arbei­ten, was also der Stand der Dinge ist bei den Büchern, die im näch­sten Jahr erschei­nen sollen. Im Laufe der kom­men­den Woche werde ich die Vorschau- und Klappentexte zum Frühjahrsprogramm schrei­ben, und dann bekom­men diese fünf Bücher auch hier auf der Homepage aus­führ­li­che Einzelseiten.

Am wei­te­sten sind wir mit den beiden Bänden von Becky Chambers, die bereits gesetzt und der­zeit in der Korrektur sind. Karin Will hat bei der Übersetzung, wie ich finde, her­vor­ra­gende Arbeit gelei­stet, und ich bin gespannt, wie diese neuen Werke der Autorin der Wayfarer-Saga auf­ge­nom­men werden. Erscheinungstermin ist in diesem Fall der 15. Januar 2024. Um sie etwas aus dem Gesamtprogramm her­vor­zu­he­ben, erschei­nen Ein Psalm für die wild Schweifenden und Ein Gebet für die acht­sam Streitenden als kleine, feine Hardcover — wie im Original übri­gens, denn in den USA hat das Label tor.com sie als gebun­dene Bücher und als E‑Books publi­ziert. Im glei­chen Format werden wir dann im Herbst auch den ersten deutsch­spra­chi­gen Band mit Erzählungen von Karin Tidbeck publi­zie­ren, einer jungen schwe­di­schen Stimme.

Ein wei­te­res Highlight aus dem Frühjahrsprogramm ist für mich der erste Band unse­rer Ausgabe der Ausgewählten Werke von Joanna Russ. Je mehr ich von dieser Autorin lese, umso beein­druck­ter bin ich, sti­li­stisch wie inhalt­lich ist das Science Fiction auf aller­höch­stem Niveau, und das auch bereits in den frühen Alyx-Erzählungen, die wir hier erst­mals voll­stän­dig auf Deutsch vor­le­gen. Ergänzt werden diese geist­rei­chen Abenteuergeschichten durch zwei Essays und eine Auswahl von Rezensionen, die eine wei­tere Facette von Russ’ Werk reprä­sen­tie­ren. Alle Texte sind bereits lek­to­riert, und sobald ich das Nachwort von Herausgeberin Jeanne Cortiel erhalte, kann auch dieses Buch in den Satz gehen.

Parallel dazu redi­giere ich die Neuübersetzung der drei klas­si­schen Eric John Stark-Novellen von Leigh Brackett, die Helmut W. Pesch für uns mit großer Sorgfalt anfer­tigt. Diese ursprüng­lich 1949 bzw. 1951 in dem Pulpmagazin Planet Stories erschie­ne­nen Texte zeigen im Vergleich zu Das lange Morgen eine ganz andere Seite dieser wun­der­vol­len Autorin: Geschichten voller Spannung und Melancholie, denen sie ihren Ruf als »Königin der Space Opera« ver­dankt, wie Pesch das in seinem umfas­sen­den Essay in unse­rem Almanach dar­legt. Außerdem ist gerade die Neuübersetzung des Romans The Einstein-Intersection von Samuel R. Delany auf meiner Festplatte gelan­det, der zweite von drei Romanen, die sich Jakob Schmidt für uns vor­ge­nom­men hat. Er wird mir bestimmt darin zustim­men, dass diese Texte eine große Herausforderung für Übersetzer wie Lektor dar­stel­len, und ich freue mich, mit ihm gemein­sam daran wei­ter­ar­bei­ten zu dürfen. — Die drei letzt­ge­nann­ten Bücher werden, so alles nach Plan ver­läuft, am 18. März 2024 erschei­nen, und zwar als schöne Klappenbroschuren.

Viel zu tun also in der Wittenberger Verlagsklause! Und dabei habe ich noch gar nicht erwähnt, dass meine Hauptarbeit wie schon seit buch­stäb­lich Monaten und Jahren der Übersetzung von Alan Moores Meisterwerk Jerusalem gilt (wobei ich glück­li­cher­weise viel­fäl­tige Unterstützung habe) , und dass es uns unfass­ba­rer­weise gelun­gen ist … aber nein, dar­über rede ich erst, wenn die Verträge unter­schrie­ben sind. Für heute gilt wie immer: Auch alle in der Vorschau genann­ten Bücher sind schon bei uns direkt vor­be­stell­bar! Danke für Eure groß­ar­tige Unterstützung …


Dienstag, den 17. Oktober 2023

Draußen in der Welt! Nachdem die ersten fünf Carcosa-Bücher nun erschie­nen sind, lauern wir natür­lich zuneh­mend auf Rückmeldungen aus dem, was früher schlicht »Presse« genannt wurde und heute eine Vielfalt unter­schied­lich­ster Medien ist. Kein Wunder also, dass ich einen Verweis auf die erste Rezension eines Carcosa-Buches im Internet auf Perlentaucher gefun­den habe, obwohl diese in erster Linie in einem Printmedium erschie­nen ist: Vergangenen Samstag hat Wieland Freund in der WELT unse­ren Spitzentitel Immer nach Hause von Ursula K. Le Guin bespro­chen — und zeigt sich von dem Buch äußerst begei­stert. Besonders freut mich das Lob an die Adresse der Übersetzer:innen (»vor­bild­lich«), die schier Unglaubliches gelei­stet haben. Hoffentlich merken das noch ein paar Leute mehr.

Mein zwei­ter Verweis auf eine Medienreaktion ist keine Buchbesprechung, son­dern ein online geführ­tes Gespräch mit dem Carcosa-Verleger (also mit meiner Wenigkeit), das seit heute auf dem Blog Kriminalakte anzu­schauen ist. Betreiber Axel Bussmer ist in erster Linie als Krimifachmann bekannt, aber er blickt auch mit Begeisterung auf andere Genres und kennt sich vor allem mit der Science Fiction gut aus. Eigentlich sollte das Gespräch »nur« zwan­zig Minuten dauern, aber da ich gerade schwer zu brem­sen bin, wenn es um mein Herzensprojekt geht, ist es unge­fährt das Doppelte gewor­den. Wer also ein wenig Zeit hat (und neben­her viel­leicht Geschirr spülen möchte oder der­glei­chen), erfährt hier eine Menge über den Verlag im Allgemeinen und die Bücher — erschie­nene wie geplante — im Besonderen.

Viel Spaß — wir freuen uns auf Eure Rückmeldungen … und auf Eure Bestellungen.


Sonntag, den 8. Oktober 2023

Warum Phantastik? Ich weiß nicht, ob es in meinem Leben viele unver­än­der­li­che Wahrheiten gibt. Aber eine davon, viel­leicht die zen­trale ist: Lesen ist meine Fabrikeinstellung. Wenn ich nur ein paar Minuten »für mich« habe, greife ich reflex­haft zu einem Buch und tauche ab.

Meine lite­ra­ri­schen Vorlieben sind, vor­sicht aus­ge­drückt, hete­ro­gen. Sie rei­chen von vor­so­kra­ti­scher Philosophie bis zu ganzen Wänden voller Superheldencomics; und alles dazwi­schen. Allerdings scheint es Teil meiner Fabrikeinstellung zu sein, immer wieder auf Phantastisches zurück­zu­kom­men. Warum?

Sogenannte »rea­li­sti­sche« Literatur behaup­tet etwas, das ich nicht nur für unmög­lich halte, son­dern sogar für wenig erstre­bens­wert – sie will die Wirklichkeit abbil­den. Dabei ver­fal­len die Autor:innen der Illusion, Ihre Sicht der Dinge sei in irgend­ei­ner Form reprä­sen­ta­tiv, könne, ja müsse für andere etwas »bedeu­ten«.

Mir kommt das (auch dies natür­lich maßlos sub­jek­tiv) oft klein­gei­stig vor, und dann greife ich wieder nach Visionärem, denn da »geht es um etwas«. Autor:innen, die Science-Fiction-Literatur in ihrer gewal­ti­gen Möglichkeitsvielfalt ernst nehmen, muten ihren Leser:innen etwas zu. Sie nehmen die Gesellschaft als Ganzes in den Blick, und in den gelun­gen­sten Fällen zeich­nen sie das Bild ein­zel­ner Menschen in ihrem sozia­len Umfeld so, dass es die Weltsicht ihrer Leser:innen erwei­tert.

Seit ich sech­zehn war (oder so), habe ich The Dispossessed von Ursula K. Le Guin immer wieder gele­sen. Darin beschreibt die Autorin, wie soziale Zusammenhänge anders gela­gert sein könn­ten als in unse­rer Welt (könn­ten, nicht soll­ten). Einiges daran ist pro­ble­ma­tisch (Samuel R. Delany hat das bis in alle Einzelheiten zer­pflückt), aber wer Freie Geister (so der dt. Titel, den ich diesem Roman bei S. Fischer gege­ben habe) liest, ohne in irgend­ei­ner Form zu eige­nem »Weiterdenken« ange­regt zu werden … nun, mich lässt das Buch jeden­falls nicht mehr los.

Und das ich auch einer der Gründe, warum ich so stolz bin auf unsere – erste – deutsch­spra­chige Ausgabe des Großromans Always Coming Home von Ursula K. Le Guin: Immer nach Hause (her­aus­ra­gend über­setzt von Matthias Fersterer, Karen Nölle & Helmut W. Pesch). Dabei han­delt es sich um eines der wun­der­voll­sten »län­ge­ren Gedankenspiele« (mit Dank an Arno Schmidt, selbst ein Träumer von Überformat) der Weltliteratur. Daran teil­zu­ha­ben setzt bei mir etwas in Bewegung. Bei mir und bei vielen ande­ren Menschen. Es wäre schön, wenn diese »Bewegung« immer weiter um sich grei­fen würde …


Montag, den 2. Oktober 2023

Es ist soweit! Gestern habe ich einen Abstecher auf die Buch Berlin unter­nom­men, wo Memoranda-Verleger Hardy Kettlitz mir die Vorabexemplare unse­rer ersten fünf Bücher über­reicht hat. Alle Bände wurden bei Finidr in Český Těšín gedruckt und gebun­den, und die Druckerei hat vor­züg­li­che Arbeit gelei­stet: Sowohl die Klappenbroschuren als auch das Hardcover sind wun­der­schön gewor­den!

Auch das Urteil der Besucher:innen am Stand von Memoranda/Carcosa war ein­hel­lig: Das Design über­zeugt und gefällt. Für Hardy und mich war es ein groß­ar­ti­ges Gefühl, nach zwei Jahren Vorarbeit nun die fer­ti­gen Bücher in Händen zu halten. Wobei unsere groß­ar­tige Designerin Ben natür­lich den Löwenanteil zu unse­rer Freude am äuße­ren wie inne­ren Erscheinungsbild bei­getra­gen hat.

Sehr auf­ge­regt sind wir zudem, weil bereits Vertreter:innen grö­ße­rer Medien unsere Bücher ange­for­dert haben und dar­über berich­ten wollen (dazu hof­fent­lich bald mehr). Gerade sind wir damit beschäf­tigt, die Großhändler zu bestücken und die Vorbestellungen auf die Reise zu brin­gen, was bis Ende der Woche geschafft sein sollte. Ab näch­stem Montag müss­ten die Bücher dann auch im Handel sein, dann könnt Ihr die ört­li­chen Buchhändler:innen mit Nachfragen heim­su­chen. Beziehungsweise, wie stets: Bitte bestellt direkt bei uns, damit ist uns am mei­sten gehol­fen …


Sonntag, den 24. September 2023

Es geht weiter! Nach einem erhol­sa­men Wochenende mit Ausflug in den Wald, um Pilze zu suchen (und zu finden), einem Elbspaziergang und gemäch­li­chem Kochen (natür­lich alles zu zweit) werfe ich spät­nach­mit­tags noch einen Blick in die Carcosa-Mails — und ver­fasse die zweite Blogfolge. Die, wie es nicht anders sein darf, eine Eloge auf jenen Menschen ist, ohne den es Carcosa sowie Dutzende ande­rer Projekte (Magazine, Buchreihen, Veranstaltungen und und und) nicht gäbe: Hardy Kettlitz arbei­tet nicht nur Vollzeit für den besten und größ­ten Horror-Verlag hier­zu­lande (Tipp: Verlagssitz ist Leipzig), ist Memorada-Verleger, Buchautor, Herausgeber von Alien Contact (damals) und, zusam­men mit Melanie Wylutzki, des SF-Jahrs (heute), Mitbegründer und Auf-Trab-Halter des Berliner SF-Clubs Andymon und Setzer von mehr Büchern, als wir uns beide zu erin­nern ver­mö­gen, son­dern auch seit fünf­und­zwan­zig Jahren ein Freund, wie ich mir keinen bes­se­ren wün­schen könnte.

Gemeinsam phan­ta­sti­sche (und fan­ta­sti­sche) Dinge gemacht haben wir erst­mals bei Alien Contact, dann beim Shayol Verlag, beim Golkonda Verlag und zwi­schen­durch, wenn sich die Gelegenheit ergab, bei Klett-Cotta und S. Fischer. Dabei erin­nere ich mich an groß­ar­tige Gespräche in der Buchhandlung Otherland, bei Clubabenden oder in Kneipen, an buch­stäb­lich zahl­lose Mails, deren Spannweite von Konzeptentwürfen für Verlagsprojekte bis zu ein­zel­nen Tippfehlern in Druckfahnen reicht (stets beglei­tet vom Austausch über per­sön­li­che Hoch- und Tiefpunkte) … ohne Hardy wäre mein Leben in den letz­ten zwei­ein­halb Jahrzehnten um ein Vielfaches ärmer gewe­sen.

Ein paar Dinge zeich­nen ihn, aus meiner sub­jek­ti­ven Warte betrach­tet, ganz beson­ders aus: seine bei­nahe gren­zen­lose Geduld und Freundlichkeit, seine Begeisterungsfähigkeit und sein unfass­ba­rer Fleiß. Wer selbst in der Buchbranche arbei­tet, mag den Aha-Effekt zu schät­zen wissen, den es aus­löst, wenn ich am frühen Abend die Datei eines Romans maile, mit der Bitte, diesen Text bei Gelegenheit zu setzen — und am näch­sten Morgen eine PDF der Druckfahnen im Posteingang habe. Kein Wunder also, dass mein Verhältnis zu Hardy neben großer Zuneigung auch von Sorge beglei­tet ist, irgend­wann könnte diese Effektivität auch ihren Tribut for­dern … aber das hin­dert uns nicht daran, weiter gemein­sam Pläne zu schmie­den, uns über gemein­sam pro­du­zierte Bücher zu freuen — und zu hoffen, dass das noch eine ganze Weile so wei­ter­geht.

Deshalb soll­ten wir uns bewusst sein, dass alles, wor­über wir uns im Zusammenhang mit Carcosa freuen, ob als Kunstschaffende oder als Kunstschätzende (nicht selten trifft beides zu), zu einem Gutteil auf­grund dieser groß­ar­ti­gen Zusammenarbeit mit diesem groß­ar­ti­gen Menschen mög­lich ist. Dem ich — und viele andere — mehr Dank schul­den, als sich in Worte fassen lässt. Deshalb ein­fach nur: Danke, Hardy. Für alles, was wir gemein­sam gemacht haben; und was wir noch gemein­sam machen werden.

Weshalb ich dieses Mal auch mit dem Satz schließe: Haben Sie auch schon aus­rei­chend Memoranda- und Carcosa-Bücher vor­be­stellt?


Sonntag, den 10. September 2023

Es geht los! Willkommen zum ersten Blogeintrag, in dem ich mich und dieses Projekt kurz vor­stel­len möchte. Mein Name ist Hannes Riffel, und ich bin … ein Büchermensch. Als es dieses Berufsbild noch gab, habe ich im badi­schen Freiburg Verlagsbuchhändler gelernt (und dabei den Betrieb von Grund auf ken­nen­ge­lernt: Lektorat, Marketing, Vertrieb, Herstellung, Sortiment …), ein Jahr als Werbemann für einen Zeitschriftenverlag gear­bei­tet, vorher und hin­ter­her ein paar Semester Anglistik, Geschichte und Psychologie stu­diert und zusam­men mit zwei Freunden eine Buchhandlung für Science Fiction und Fantasy über­nom­men und aus­ge­baut. 1998 bin ich nach Berlin gezo­gen, habe dort die Buchhandlung Otherland mit­ge­grün­det und diese 2013 an die nach­fol­gende Generation über­ge­ben (die eine Menge besser macht, als ich das je gekonnt hätte).

Parallel dazu habe ich an meiner Karriere als Literaturübersetzer gear­bei­tet (beson­ders stolz bin ich auf meine Übertragungen der Werke von Hal Duncan, William Gibson, Stephen King und Joe R. Lansdale), für einige kleine und große Verlage Programmarbeit gemacht, einen eige­nen Kleinverlag gegrün­det und ver­kauft und schließ­lich sechs Jahre lang für S. Fischer in Frankfurt das Berliner Büro mit dem SF/Fantasy-Imprint Tor gelei­tet. Nachdem das zer­schla­gen wurde, habe ich, mich auf die groß­ar­tige Zusammenarbeit mit Memoranda-Verleger Hardy Kettlitz und der Gestalterin Ben besin­nend, den Carcosa Verlag ins Leben geru­fen.

Und nach gut zwei Jahren Vorbereitungszeit (in denen ich, haupt­be­ruf­lich sozu­sa­gen, sämt­li­che klas­si­schen Elric-Romane von Michael Moorcock neu über­setzt habe) erschei­nen in gut vier Wochen am 16. Oktober die ersten fünf Bücher unse­res ersten Programms. Unsere Auswahl von Autor:innen verrät, so meine ich, eine klare Handschrift: Wir sind ange­tre­ten, anspruchs­volle, pro­gres­sive Phantastik zu ver­le­gen, ohne Wenn und Aber. Und hoffen, dafür ein Publikum zu finden, das ebenso unter­hal­ten wie gefor­dert werden möchte.

Vielleicht noch ein Wort zum Verlagssitz: Wittenberge liegt im Landkreis Prignitz an der Elbe, etwa auf halber Strecke zwi­schen Hamburg und Berlin, ist prak­ti­scher­weise mit einem Fernbahnhof aus­ge­stat­tet (sieb­zig Minuten bis Hamburg, fünf­zig bis Berlin) und bietet so viel Ruhe zum Arbeiten (und mehr), wie ich mir nur wün­schen kann; von bezahl­ba­ren Mieten und einer klei­nen, feinen Kulturszene ganz zu schwei­gen. Dazu später mehr — bald sollte auch der erste Raum des neuen Verlagsbüros (im Ausschnitt rechts die Fenster von Lektorat, Lager und Besprechungszimmer) in einem vor­zeig­ba­ren Zustand sein (natür­lich das Lager), dann poste ich wei­tere Bilder.

Jetzt gleich schnappe ich mir ein Buch (den zwei­ten Pyat-Roman von, schon wieder, Michael Moorcock) und setze mich damit ans Elbufer. Und schließe mit der Frage, die in abge­wan­del­ter Form am Ende jedes künf­ti­gen Blogbeitrags stehen wird: Haben Sie auch schon aus­rei­chend Carcosa-Bücher vor­be­stellt?